Von Harald Flößer und Alexander Maier

Wer einen Facharzt konsultieren möchte, braucht oft gute Nerven - und viel Zeit. Denn je nach Arzt und Fachgebiet kann es monatelang dauern, bis man einen Termin bekommt. In dringlichen Fällen hilft neuerdings die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung - und manchmal auch der Hinweis auf die Krankenkasse. Denn privat Versicherte kommen in manchen Praxen sehr viel schneller zum Zug. Bundesweite Vergleiche zeigen, dass die Unterschiede von Region zu Region ebenso groß sein können wie zwischen städtischen und ländlichen Bereichen. EZ-Redakteure haben nun den Praxistest gemacht und bei Fachärzten in Stadt und Kreis angerufen, um einen Termin zu bekommen. Ihre Erfahrungen waren sehr unterschiedlich.

Der Kollege soll’s richten

Die Suche nach einem Frauenarzt kann hierzulande leicht zum Glücksspiel werden. Patientinnen, die noch nicht Stammkundinnen in einer Praxis sind, bekommen oft dieselbe Antwort: „Wir nehmen derzeit keine neuen Patientinnen auf. Vielleicht haben Sie bei Kollegen mehr Glück.“ Selbst der freundliche Hinweis, dass man als Privatpatientin kommt, führt in vielen Praxen nicht zum Erfolg: „Wir sind trotzdem ausgebucht.“ Und sogar der Hinweis, dass man nach einer Operation vom Krankenhaus zur Nachsorge an niedergelassene Kollegen verwiesen wurde, bringt erst im dritten Anlauf Erfolg: „Eigentlich geht bei uns nichts mehr. Aber wenn Sie gar niemanden finden, dürfen Sie sich noch mal melden. Dann versuchen wir, es irgendwie möglich zu machen.“

Erfahrungen wie diese kann man nicht nur bei Frauenärzten machen. Auch beim Neurologen steht mancher Patient vor hohen Hürden. „Wenn Sie nicht in unserem Ort wohnen, kann ich Sie überhaupt nicht annehmen“, erteilt eine Arzthelferin eine Abfuhr. Und wenn ich als Privatpatient komme? „Das macht bei uns keinen Unterschied“, bleibt die Dame hart. Also versucht der Patient sein Glück beim Neurologen seines Wohnorts - nach gutem Zureden lässt sich die Arzthelferin erweichen und findet im Terminkalender noch ein Plätzchen. Wartezeit: drei Monate.

Fünf Monate Wartezeit sind bei Hautärzten keine Seltenheit, wenn man nicht mit einem akuten Anliegen zum Spezialisten überwiesen wurde. Lässt sich mit gutem Zureden vielleicht früher etwas machen? Der Versuch scheitert, weil die ausgewählte Hautarzt-Praxis tagelang telefonisch nicht erreichbar ist. „Schicken Sie uns lieber eine E-Mail“, rät eine Arzthelferin, als man persönlich in der Praxis vorbeischaut. Aber es geht in dieser Fachrichtung auch anders. Bei zwei Hautärzten ist problemlos relativ schnell ein Termin zu bekommen, bei einem wartet man als Kassenpatient sogar nur zwei Tage.

Plötzlich geht’s doch schneller

Hat man ein bestimmtes Alter erreicht, empfehlen Hausärzte, vorsorglich zur Darmspiegelung zu gehen. Doch auch da sollte sich der Patient frühzeitig um einen Termin bemühen. „Wir sind mit unserer Terminplanung derzeit im Mai“, lässt eine Arzthelferin wissen. Auch dort wird der Hinweis, dass man privat versichert ist, nicht zum Türöffner: „Das ist schön für Sie, ändert aber nichts. Vorsorgetermine gibt es erst wieder im Mai. Eher kann ich nichts für Sie tun.“ So versucht man sein Glück bei einem anderen fachärztlichen Internisten, doch auch dort gilt dieselbe Frist: Ob gesetzlich oder privat Versicherter - unter vier bis fünf Monaten geht bei einer Vorsorgeuntersuchung selten etwas. Bei einem Internisten bewahrheitet sich im EZ-Versuch allerdings das Vorurteil, dass man als Privatpatient auf der Überholspur ist. Die Darmspiegelung ist im ersten Versuch „Anfang Juli“ möglich. Als der Anrufer darauf verweist, dass er privat versichert ist, geht auf einmal doch was. Die Sprechstundenhelferin klickt sich aus dem Telefonat aus, um kurz darauf zu erklären: „Mir hat gerade jemand abgesagt. Sie können am 15. März kommen.“ Also doch vier Monate früher.

In vielen Arztpraxen zeigt man durchaus Verständnis für die Belange der Patienten - freundliche Arzthelferinnen bitten allerdings auch um Nachsicht, wenn kurzfristig nichts mehr geht. So wie beim Augenarzt, der wieder mal nach dem Rechten sehen soll. „Drei Wochen müssen Sie schon warten“, erklärt die Dame am Telefon. Ob man privat oder gesetzlich versichert ist, spielt für sie keine Rolle. „Ich würde Ihnen ja gern einen früheren Termin geben, aber wir machen gerade auch noch Vertretung für einen Kollegen. Und dann noch die vielen Notfälle.“ Wenn’s nur um eine Kontrolluntersuchung geht, lässt es sich mit dieser Auskunft leben. Doch was ist, wenn seit zwei, drei Tagen seltsame weiße Punkte den Blick trüben? „Na gut, dann kommen Sie eben vorbei“, lässt sich die freundliche Dame schließlich erweichen. „Dann versuche ich, Sie irgendwie noch bei uns reinzudrücken. Aber bringen Sie ganz viel Zeit mit.“

„Wir haben Aufnahmesperre“

So weit lässt es die Arzthelferin beim Urologen gar nicht erst kommen. Ehe man ihr noch sein Anliegen nahebringen kann, fragt sie erst mal nach den Patientendaten - einschließlich der Versicherung, bei der man unter Vertrag steht. Als sie den Namen des Versicherers hört, fällt der Rollladen: „Dann habe ich dieses Jahr keinen Termin mehr für Sie. Versuchen Sie es bei einem Kollegen - die haben vielleicht noch Plätze frei.“ Immerhin: Einer der Spezialisten, die sie empfohlen hat, hätte im Mai einen Termin zur Prostata-Vorsorge. Der Hinweis, dass man als Privatversicherter etwas schneller an die Reihe kommen sollte, irritiert seine Arzthelferin unüberhörbar. Dann macht sie klar: „Das macht bei uns keinen Unterschied.“

Recht schnell erhielt ein Tester einen Termin beim Orthopäden, selbst als Kassenpatient. Bei einem muss man eine knappe Woche warten, um behandelt zu werden. Bei einem anderen ist man auf Drängen und mit etwas Jammern schon am nächsten Tag dran. Ziemlich schwer tut man sich bei Kardiologen, einen schnellen Termin zu bekommen. „Der Herr Doktor nimmt neue Patienten erst ab Juni“, sagt eine Arzthelferin. Ebenso erfolglos erweist sich das Anklopfen mit „Bauchschmerzen“ bei einem Internisten. Die Sprechstundenhilfe lässt sich lange Zeit, um nachzufragen. Dann sagt sie: „Tut mir leid, aber wir haben eine Aufnahmesperre.“