Mustafa Hamdan fühlt sich im Stadtteil wohl. Quelle: Unbekannt

Von Claudia Bitzer

Gestern Nachmittag, Birkenweg 3 im Osten der Innenstadt: Klack, klack, klack, klack, klack - der rote Hammer, der an einem großen Bagger befestigt im Staccato für die gewaltigen metallischen Schläge sorgt, rammt einen fünf Meter langen Gusspfahl in den Boden. Zugleich füllt ein Schlauch die Röhre mit Beton. In sicherer Entfernung sitzen zwei Mitarbeiter des Esslinger Ingenieurbüros Balci und messen den Lärmpegel. Die Gründungsarbeiten für die neue fünfgruppige Kita, die die Stadt im Birkenweg baut, haben es in sich. 51 solcher Pfähle wollen die Arbeiter bis heute Abend in den Boden gerammt haben. Darauf kommt dann ein Stahlbetonfundament.

„Da hebt sonst nichts drauf“

Weil die Stadt ein Lärmgutachten eingeschaltet habe, dulde das Landratsamt das geräuschvolle Verfahren, sagt Wendelin Karg, Technischer Leiter des Eigenbetriebs Städtische Gebäude Esslingen (SGE). Ursprünglich habe die Behörde sogar die Evakuierung der Nachbarschaft verlangt. Karg über die Ursache des Eingriffs: „Wir müssen den Baugrund verdichten, da hebt sonst nichts drauf.“ Das ist „hier in Esslingen bei jedem zweiten Bauvorhaben so“, ergänzt Katrin Kussinna vom Esslinger Architekturbüro fritzen 28, das die Kita konzipiert hat. Die Alternativen zu den sogenannten deduktiven Gusspfählen seien auch nicht wesentlich leiser, meint jedenfalls Karg. Aber dafür langwieriger und teurer. Hätte man beispielsweise Bohrpfähle mit 60 Zentimeter Durchmesser gewählt, hätten die Arbeiten zwei Wochen gedauert, rechnet Karg vor. Nach dem Motto Ohren zu und durch sollen sie jetzt in zwei Tagen erledigt sein. Spätestens heute um 17 Uhr soll die Gründung abgeschlossen sein.

Weil man jedoch um die besondere Belastung für die Nachbarschaft wusste, hatte das Technische Rathaus etwa 150 Anwohner rund um den Birkenweg schon vor einer guten Woche angeschrieben. Die Gründung für die neue Kita sei mit Lärmbelästigungen verbunden, „die das allgemeine Maß an Baulärmbeeinträchtigungen übersteigen“, hatte man den Nachbarn angekündigt. Deshalb wolle man sich nicht nur bereits im Vorfeld dafür entschuldigen, sondern biete den lärmgeplagten Anrainern, die an den betroffenen Tagen zu Hause seien, Eintrittskarten in Bäder oder in den Zoo an. Im Einzelfall übernehme man auch einen Hotelaufenthalt. „Unser Schreiben ist sehr gut aufgenommen worden“, berichtet Rainer Sorg, der die Arbeiten im Birkenweg seitens der SGE koordiniert. 21 von 150 Anwohnern hätten sich gemeldet. Darunter waren etliche, die sich nur für die Information und das Angebot bedanken wollten. Ein Mann habe bis Donnerstagmorgen auf Rechnung der Stadt Quartier in einem Hotel bezogen, da er selbstständig sei und zuhause arbeite. Ein weiterer Mann, der nachts schichte, habe Interesse an einem ruhigen Tagesschlaf in einem Hotel bekundet, sich allerdings noch nicht wieder gemeldet. Und eine Musikerin habe einen Fremdaufenthalt kurz in Erwägung gezogen, werde jetzt aber heute doch lieber ins Merkel’sche Bad gehen. Karg: „Insgesamt haben wir bislang neun Gutscheine für das Merkel’sche Bad, das Leuze oder für die Wilhelma ausgegeben.“

Allerdings dürften alle Nachbarn froh sein, wenn das Hämmern ein Ende hat. Es sei schon sehr, sehr schwer zu ertragen, meint eine Anwohnerin, die direkt neben dem Bauplatz wohnt. „Das Angebot der Stadt ist ja nett. Aber was soll ich zwei Tage im Merkel’schen Bad?“

Ab heute Abend soll sich dann der Lärm auf den üblichen Krach reduzieren, der mit einer Baustelle verbunden ist. Im Sommer 2017 soll die Kita fertig sein, die dann 40 Ganztagsplätze für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren und 30 Plätze für die Ein- bis Dreijährigen bietet. Auch Bernd Berroth, Leiter des Amts für Bildung, Erziehung und Soziales, wirbt für die Kita: „Wir brauchen diese Plätze.“

Kita Birkenweg - Viel Leben auf drei Geschossen

Geschichte: Die neue fünfgruppige Kita Birkenweg 3 startet im Sommer 2017 unter Trägerschaft der Stadt Esslingen. Sie kostet rund 2,5 Millionen Euro (reine Baukosten ohne Innenausstattung und Außenanlage). Die Kita ersetzt den zweigruppigen Kindergarten Birkenweg, der noch im alten Jahr abgerissen worden ist. Trägerin dieser Einrichtung war lange Jahre die evangelische Kirche, bis die dann hinter der Johanneskirche am Charlottenplatz ein neues Gemeindehaus und eine neue, große Einrichtung baute. Dort hat sie ihre vormaligen Kindergärten Birkenweg und Neckarstraße zusammengelegt. Vorausgegangen war ein Grundstücktausch: Die Stadt kam in den Besitz Birkenweg 3, die Kirche erhielt im Gegenzug ein städtisches Grundstück im Bereich der Johanneskirche.

Platzangebot: Die neue Kita Birkenweg, die auf einem 0,12 Hektar großen Grundstück am Rande der östlichen Innenstadt nach den Plänen des Esslinger Architekturbüros fritzen 28 entsteht, bietet auf drei Geschossen Platz für fünf Ganztagsgruppen. Für die Ein- bis Dreijährigen stehen 30, für die Älteren 40 Plätze zur Verfügung.

Raumaufteilung: Die Räume in allen drei Etagen gruppieren sich um einen „Willkommensbereich“, wie Architektin Katrin Kussinna erläutert. Im Erdgeschoss sind die Jüngsten untergebracht, sie haben einen großen und einen kleinen Gruppen- sowie einen Ruheraum. Diese Struktur findet sich, wenngleich etwas anders angeordnet, je zwei Mal auch in den oberen beiden Stockwerken wieder. Denn die beherbergen jeweils zwei Gruppen. Im Erdgeschoss ist Richtung Garten hinaus, der im südlichen Bereich des Areals liegt, ein Mehrzweckraum geplant. Zudem befindet sich dort die Küche. Im ersten Stock gibt es noch einen Personalraum, über dem im zweiten Stock eine Dachterrasse angeordnet ist.

Erschließung: Die Eltern sollen ihre Kinder über die Urban- oder Hindenburgstraße in die Kita bringen, nicht über den schmalen Birkenweg. In der Urbanstraße sollen deshalb während der Bring- und Holzeiten der Kinder sechs Kurzzeitparkplätze ausgewiesen werden. Die beiden Mitarbeiter-Parkplätze im Süden des Grundstücks sollen über die Hindenburgstraße angefahren werden. Der bisherige Pfosten am südlichen Ende des Birkenwegs wird deshalb etwas verschoben.