Andrew Dewar ist ein vielfach preisgekrönter englischer Organist und seit 2010 Titularorganist der American Cathedral in Paris. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Rainer Kellmayer

Um neue Ideen ist Wolfgang Hausmann, Kirchenmusiker an der Oberesslinger Pfarrkirche St. Albertus Magnus, nicht verlegen: Mal organisiert er neben der regulären Reihe der St. Albertus-Orgelkonzerte ein Festival, mal verbindet der passionierte Hobbykoch Orgelspiel und Kulinarik. Jetzt fasste er drei an einem Wochenende stattfindende Konzerte zu einem „Orgeltriduum“ zusammen. Dabei traf man alte Bekannte, die immer wieder in Oberesslingen gastieren.

Am Freitagabend eröffnete Peter Kranefoed, unterstützt vom Rezitator Rudolf Guckelsberger, mit einer Bach-Novelle von Hans Franck die kleine Reihe, am Sonntag setzte der Grazer Organist Ulrich Walther den Schlussakkord. Dazwischen stand am Samstag das Konzert von Andrew Dewar, einem vielfach preisgekrönten englischen Organisten, der seit 2010 Titularorganist der American Cathedral in Paris ist.

Eröffnet wurde das Programm im Spannungsfeld zwischen französischer und englischer Orgelmusik mit dem „Grand dialogue“ des Barockmeisters Louis Marchand. Über markantem Orgelpunkt baute sich ein prächtiges Tongebäude auf, aus dem sich reizvolle instrumentale Zwiegespräche einzelner Registergruppen lösten. Dewar sorgte für eine klare klangliche Disposition, registrierte fantasievoll und beleuchtete so die melodischen Stränge sehr differenziert. Strukturell wesentlich schlichter war Michael Festings „Largo, Allegro, Aria und zwei Variationen“ gehalten - ein nettes Stück Musik, das von hellen Flötentönen bestimmt ist und durch tänzerischen Duktus gefiel. Gewaltiger kamen hingegen Joseph Bonnets „Variations de Concert op. 1“ daher, mit einem imposanten toccatenartigen Beginn, dessen knisternde Spannung sich in der nachfolgenden schillernden Variationsfolge abbaute.

Dewar realisierte die Partitur technisch souverän, demonstrierte seine Meisterschaft an Manualen und Pedal. Zu gerne hätte man dem Organisten dabei auf die Finger geschaut, aber diesmal verzichteten die Veranstalter auf eine Videoübertragung des Orgel-Spieltisches auf eine Leinwand im Altarraum. Schade - damit blieb es leider beim Hörgenuss. Doch Dewar entschädigte die Zuhörer mit seiner Orgelkunst: Samuel Sebastian Wesleys „Andante F-Dur“ brachte Romantik in Reinkultur, mit schwelgerischer Melodik und einer über den Schweller der Orgel kontrollierten, feinen dynamischen Aussteuerung. Dann wurden die Hörer unvermittelt aus der andächtigen Stimmung des Andantes gerissen: Gewaltige Akkorde brachten zu Beginn der „Sonate Nr. 1“ von Alexandre Guilmant die Kirchenmauern zum Erbeben. Doch der Tumult legte sich bald, und eine klassische Ausgewogenheit zwischen Form und Inhalt stellte sich ein.

Die filigran angelegte Pastorale bekam durch den Einsatz des Tremulants eine fast kitschige Schönheit. Im Finalsatz ging es wieder ordentlich zur Sache: Der Rondo-Satz mit eingeschobenem Choral brachte rasantes Laufwerk, gewaltige Akkordblöcke und einen großen Farbenreichtum - wirkungsvolle Attribute, an denen Andrew Dewar seine organistische Brillanz nochmals in hellem Licht erstrahlen ließ.