Von Christian Dörmann
Für das Baugebiet Greut, in dem bis zu 106 neue Wohnungen entstehen können, ist eine Grundsatzentscheidung gefallen. Denn hinter dem heute Abend im Technischen Ausschuss des Esslinger Gemeinderats gefallenen Beschluss, einen Planungswettbewerb für den Bebauungsplan Alexanderstraße/Gollenholzweg auszuloben, steckt nicht weniger als das Bekenntnis zu dem Ziel, im Greut zu bauen. SPD, CDU, Freie Wähler und FDP sorgten in diesem Sinne für eine breite Mehrheit, Grüne und Linke sprachen sich dagegen aus.
Nach langen Diskussionen und vielen Gutachten geht es also nun im Bebauungsplanverfahren Greut einen Schritt weiter, wobei SPD, CDU und Freie Wähler in einem gemeinsamen Antrag ein deutliches Augenmerk auf ökologische und klimatologische Kriterien durchgesetzt haben. Wer diese Kriterien im Rahmen des nun anstehenden Wettbewerbs mit acht Planungsbüros nicht erfüllt, fällt mit seinem Entwurf aus der Konkurrenz (die EZ berichtete).
Laut Stadträtin Heidi Bär hat für die SPD letztlich der soziale Aspekt äußerst knapp die Oberhand über die ökologischen Bedenken errungen. „Es war ein schwieriger Abwägungsprozess, und am Ende muss die Politik entscheiden“, sagte Heidi Bär. Esslingen brauche dringend und schnell Wohnungen sowohl für die Bevölkerung als auch für Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung.
„Wohnungsmarkt ist am Ende“
„Wir müssen bauen“, bekräftigte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Jörn Lingnau. Schon jetzt sei der Wohnungsmarkt am Ende und die Preise würden immer höher steigen. Klar sei aber auch: „Die Planung muss ökologische Kriterien erfüllen, sonst fliegt der Entwurf raus.“
Aus Sicht von Eberhard Scharpf von den Freien Wählern werden die Probleme mit dem Luftaustausch in der Esslinger Innenstadt nicht im Greut gelöst. Darauf würden schon ältere Gutachten hinweisen. Zudem sei es in den vergangenen 15 Jahren nicht gelungen, mit dem steigenden Bedarf an neuen Wohnungen Schritt zu halten.
Dass unstrittigere Flächen in Hegensberg und auf dem Zollberg nicht schneller weiter verfolgt würden und die ganze Kraft in das strittige Gebiet Greut gesteckt werde, will Helmut Müller-Werner (Grüne) nicht einleuchten. Auch er zitierte alte Gutachten, in denen vor den Belastungen durch eine Bebauung des Greut und vor allem vor den Folgen durch den Verkehr gewarnt wird. Müller-Werners zumindest unterschwellig gezogenen Vergleich von Donald Trumps Auffassung von Umweltschutz mit derjenigen von SPD, CDU und Grünen wies Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht mit dem Hinweis „niveaulos“ zurück. Und auch der Forderung, Herbert Klingohr (Gesellschaft für innovatives Bauen und Wohnen), der im Greut Grundstücke besitzt, aus dem Beurteilungsgremium für den Wettbewerb auszuschließen, folgte Wallbrecht nicht. Es sei allgemein üblich, eine Person, die im betroffenen Gebiet über namhafte Grundstücksflächen verfüge, in das Gremium mit einzubeziehen. Diesem werden neben Vertretern aus der Verwaltungsspitze und externen Fachleuten nun auch ein Klimatologe sowie Vertreter der Fraktionen aus SPD, CDU, Freie Wähler und Grünen angehören.
„Ewiger Makel“
Nach dem jetzigen Stand der Dinge wird davon ausgegangen, dass es einen Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan Alexander straße/Gollenholzweg frühestens 2018/19 geben wird, sofern sich im weiteren Verfahren keine unüberbrückbaren Hindernisse für ein neues Wohngebiet im Greut ergeben.
Im Vorfeld der gestrigen Entscheidung im Ausschuss für Technik und Umwelt hatte das Aktionsbündnis Lebenswertes Esslingen, eine Arbeitsgemeinschaft von Bürgerinitiativen, vor einem Votum zu Gunsten eines neuen Baugebiets gewarnt. Zwar anerkennen die Baugegner das Bemühen der Befürworter, ökologische Aspekte mehr in den Vordergrund zu rücken. Gleichzeitig zeigen sie keinerlei Verständnis für das Projekt. Durch einen Baubeschluss im Greut würde sich der Gemeinderat „auf ewig mit dem Makel beflecken“, unter Ausnutzung einer eindeutig veralteten Rechtsgrundlage – gemeint ist der Flächennutzungsplan 1984 – schnell noch die Überbauung einer klimasensiblen Zone ermöglicht zu haben. Und dies, obwohl deren negative Auswirkungen auf die Stadtbevölkerung klar dokumentiert sei.