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Ob in Berkheim, Mettingen, Oberesslingen, Sulzgries, Zell oder den anderen Esslinger Stadtteilen: Bei jeder Einwohnerversammlung wird über die Nahversorgung diskutiert. In ihrer Stadtteilserie „Ortskundig“, die am Donnerstag mit der Pliensauvorstadt startet, greift die Eßlinger Zeitung das Thema auf und fragt unter anderem Bewohnerinnen und Bewohner, wo und wie sie sich mit den Gütern des täglichen Bedarfs versorgt. Zum Auftakt der Serie schildern Vertreter der Stadtverwaltung, wie sie versuchen, die Nahversorgung in den Esslinger Stadtteilen zu sichern.

Von Dagmar Weinberg

Immer wieder klopfen im Esslinger Rathaus Unternehmen aus der Lebensmittelbranche an, die nur einen Wunsch haben: „Sie wollen irgendwo im Randbereich der Stadt einen großen Supermarkt bauen“, berichtet Esslingens Erster Bürgermeister Wilfried Wallbrecht. „Wir werden aber keine weiteren Flächen für große Märkte auf der grünen Wiese ausweisen“, betont er und weiß sich mit Wolfgang Ratzer einig. „Denn uns geht es darum, die Nahversorgung in den Stadtteilen zu stärken“, sagt der Stadtplaner. Ziel sei, in jedem Bürgerausschuss-Gebiet einen Lebensmittel-Vollsortimenter zu haben, der den täglichen Bedarf der Bewohnerinnen und Bewohner abdeckt. Kein leichtes Unterfangen. Denn die Zeiten, des kleinräumigen Denkens sind in der Lebensmittelbranche vorbei. „Wir hören immer wieder, dass man einen Einzugsbereich von mindestens 5000 bis 8000 Personen braucht, um überhaupt wirtschaftlich arbeiten zu können.“

Defizite an den Hanglagen

Im Vergleich zu anderen Städten sei es um die Nahversorgung in Esslingen zwar noch ganz gut bestellt. Das hatten der Stadt vor drei Jahren auch Experten der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen bestätigt. In ihrer Studie „Nahversorgungsatlas für die Landkreise Göppingen und Esslingen“ hatten die Gutachter in Esslingen ein „breites Angebot in der Nahversorgung“ ausgemacht. Doch sahen sie auch Handlungsbedarf. So bewerteten sie einige Supermärkte nur noch als „eingeschränkt wettbewerbsfähig“. Sie monierten, dass sich ein Großteil der Verkaufsflächen in den Tallagen konzentriere und machten somit in einigen Stadtteilen Versorgungsdefizite aus. „Es gibt Stadtteile, in denen wir eher ratlos sind“, räumt auch der Baubürgermeister ein - etwa in Hegensberg-Liebersbronn. „Das ist ein großer Einzugsbereich mit mindestens 4500 Leuten und einer sehr guten Kaufkraft, und trotzdem gibt es keine Nahversorgung mehr.“ Dort eine ausreichend große Fläche für einen Supermarkt zu finden, sei aber schon von der Topografie her eine Herausforderung.

Die Zentren stützen

Ladenflächen bauen oder gar Lebensmittelgeschäfte betreiben, „das können wir als Stadt natürlich nicht“, sagt Wilfried Wallbrecht. Dank Änderungen im Planungsrecht hat die Stadt aber die Möglichkeit, Schwerpunkte auszuweisen und somit unerwünschten Entwicklungen einen Riegel vorzuschieben oder sie aber zu erschweren. „So etwas wie in Mettingen, wo der noch nach altem Baurecht gebaute Lidl-Markt dem Zentrum deutlich geschadet hat, möchten wir künftig vermeiden. Und das können wir nun auch dank des Planungsrechts.“ So haben Wolfgang Ratzer und sein Team untersucht, wo noch Zentren vorhanden sind und wie man sie stützen kann. „Wir sehen es ganz klar als unseren Auftrag, die Grundversorgung zu sichern.“ Dass das leichter ist, wenn die Stadt eigene Flächen ins Spiel bringen kann, hat sich auf dem Zollberg gezeigt. „Am Ende steuern aber immer auch die Einwohner durch ihr eigenes Kaufverhalten die Nahversorgung“, gibt Wolfgang Ratzer zu bedenken. Klar sei, dass das Angebot eines kleineren Marktes nicht so in die Breite und Tiefe gehen könne, wie das eines Einkaufszentrums. Zwar liegt es ihm fern, den Zeigefinger zu erheben. „Aber wir müssen uns fragen, ob es wirklich nötig ist, dass man jeden Tag zwischen 30 verschiedenen Joghurtsorten auswählen kann.“