Musikalisch wird der Festakt von verschiedenen Chören umrahmt, die im Bürgersaal des Alten Rathauses traditionelles Liedgut modernen Arrangements gegenüberstellen. Foto: Kellmayer Quelle: Unbekannt

Von Rainer Kellmayer

Am 6. Dezember 1866 starb Karl Pfaff in Esslingen. In einer Feierstunde zum 150. Todestag gedachte die Stadt Esslingen im Alten Rathaus ihres bedeutenden Bürgers, dessen Grab auf dem Ebershaldenfriedhof liegt. Mit einem Festvortrag brachte die Göttinger Professorin für Kulturwissenschaften Carola Lipp den Zuhörern die schillernde Person Karl Pfaff näher, der als Wegbereiter des deutschen Sangeswesens bekannt ist, seinerzeit jedoch auf zahlreichen Gebieten Herausragendes leistete.

„Karl Pfaff ist in unserer Stadt auch heute noch gegenwärtig“, sagte Oberbürgermeister Jürgen Zieger in seiner Begrüßung. Eine Straße wurde nach ihm benannt, auf der Maille steht sein Denkmal und auch im Chorverband Karl Pfaff lebt sein Name weiter. Zieger hob hervor, dass Pfaff stets für Freiheit, Gemeinsinn und Identität gekämpft hat.

Carola Lipp, eine profunde Kennerin der Esslinger Geschichte, ging in ihrem Vortrag zunächst auf die frühen Lebensjahre Karl Pfaffs ein. In Stuttgart geboren, erhielt der in gut situiertem Umfeld aufgewachsene Pfaff eine umfassende Bildung. Nach Studien in den Klöstern Denkendorf und Maulbronn immatrikulierte er sich an der Universität Tübingen, wo er 1817 als 22-Jähriger mit einer Arbeit über die antike Tragödie promovierte. 1818 wurde der Lehrer ans Pädagogium Esslingen, das heutige Georgii-Gymnasium, versetzt und dort bereits ein Jahr später zum Konrektor ernannt. In der Freizeit beschäftigte er sich mit historisch-politischen Studien.

Neben der 1840 verfassten Geschichte der Reichsstadt Esslingen erregte seine Biografie der Herzöge Württembergs Aufsehen - durch historische Sachkenntnis, aber auch durch die äußerst kritische Würdigung der württembergischen Landesherren. Pfaffs umtriebige und streitbare Person war in Esslingen nicht unumstritten: Nach mehreren Anläufen konnte er sich erst 1841 ins Esslinger Bürgerrecht einkaufen. Mit mehr als 100 journalistischen Beiträgen nahm er zu aktuellen Problemen Stellung, wobei er aus seiner vaterländischen Gesinnung keinen Hehl machte.

Karl Pfaff war eine zutiefst politische Person, ein Sozialkritiker und Querdenker, der klare Stellung bezog. Das machte ihn bei der Obrigkeit unbeliebt, die ihm eine höhere Stellung im Staatsdienst versagte. Auch seine Bewerbung um ein Landtagsmandat war wenig erfolgreich: Fünf Stimmen waren die magere Ausbeute.

Doch Karl Pfaff gab nie auf. Er erkannte das volksbildende Element der zu jener Zeit aufkommenden Sängerbewegung, nutzte deren politische und soziologische Bedeutung. Als Vorstand des Esslinger Liederkranzes war er 1849 wesentlich an der Gründung des Schwäbischen Sängerbunds beteiligt, dessen Präsident er wurde. Bei Sängerfesten hielt der charismatische Redner glühende politische Ansprachen, vertrat national-liberale Thesen, und begeisterte seine Anhänger mit der Forderung nach der Gleichheit aller Bürger. Damit war er einer der Wegbereiter des 1871 proklamierten Deutschen Reichs - ein Erfolg, den Karl Pfaff nicht mehr erlebte. Die Gedenkfeier wurde musikalisch umrahmt von den Gesangvereinen aus Zell und Oberesslingen, die unter der Leitung von Gerhard Werz traditionelles Liedgut modernen Arrangements gegenüberstellten.