Jeder Bewohner hat sein privates Refugium, kann sich aber auch an vertrauten Tätigkeiten in der Gemeinschaftsküche beteiligen. Fotos: Kaier Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Es war ein langer und zuweilen steiniger Weg, doch nun ist man am Ziel: Gestern wurde in der Seracher Straße 44 das neue städtische Pflegeheim Hohenkreuz eingeweiht. Kommende Woche können in dem modernen Gebäude die ersten Bewohner einziehen. OB Jürgen Zieger blickte bei der Einweihung auch über den Stadtteil hinaus: „Mit dem Pflegeheim Hohenkreuz zeigt die Stadt Esslingen, dass sie aktive Daseinsfürsorge für pflegebedürftige Mitbürger leistet. Eine flächendeckende wohnortnahe Versorgung mit Pflegeplätzen ist bald erreicht.“ Ein weiterer Baustein im kommunalen Betreuungskonzept ist das Pflegeheim in Oberesslingen, das Mitte 2017 folgen soll.

Die Pläne für ein Pflegeheim in Hohenkreuz reichen sechs Jahre zurück. Damals hat die Stadt mit der Aktualisierung ihrer Pflegebedarfsplanung die Weichen für eine dezentrale, wohnortnahe und hochwertige stationäre Pflegeinfrastruktur gestellt. Rasch war klar, dass es im Esslinger Norden großen Bedarf gibt. Dem Baubeschluss des Gemeinderates im Jahr 2013 folgte 2014 die Baugenehmigung und dann eine zweijährige Bauzeit. OB Zieger erinnerte gestern an all das, was im Hintergrund zu leisten war: „Erforderlich waren Investitionen in Höhe von 8,3 Millionen Euro ohne eine öffentliche Förderung und unendlich viel Geduld, Verhandlungsgeschick und Sachverstand, um alle Vorschriften und sich zum Teil widersprechenden Auflagen zu erfüllen.“ Doch die Mühe hat sich nach Ziegers Einschätzung gelohnt. Entstanden sei „ein funktionierendes, individuelles und wohnliches Heim mit Wohlfühlatmosphäre“. In seinen Dank an alle, die zum Gelingen beigetragen haben, schloss der OB auch die Nachbarn ein, die viel Geduld und Toleranz aufgebracht hätten.

Gute Nerven waren oft gefragt

Gute Nerven brauchte aber auch die Bauherrschaft, denn das Projekt war kein Selbstläufer. Mehrfach musste Architekt Karl-Albrecht Benzing die Planung überarbeiten: Erst waren es Proteste von Anwohnern, die die alten Bäume entlang der Seracher Straße erhalten sehen wollten. Dann musste die Kapazität aus Gründen der Wirtschaftlichkeit von 48 auf 59 Pflegeplätze erweitert werden. Und auch während der Bauzeit lief nicht alles nach Wunsch. Dass sich Benzing bei der Einweihung ausdrücklich nur bei drei Vierteln der Handwerker für deren gute Arbeit bedankte, lässt tief blicken. So sorgte ein Wasserschaden auf der Zielgeraden der Bauarbeiten für weitere Verzögerungen - die Tagespflege, die die stationären Angebote ergänzt, kann erst mit Verzögerung eingeweiht werden. Doch das Ergebnis jahrelanger Anstrengungen kann sich sehen lassen: Der zweiteilige Bau soll „die Nachbarschaft umarmen“ und die künftigen Bewohner in „familienähnlicher Atmosphäre willkommen heißen“.

Dass das gelingt, ist für Thilo Naujoks keine Frage. Der Chef der städtischen Pflegeheime empfand die Einweihung als „Tag der Freude und Erleichterung“. Dass die Stadt eine so attraktive Lage für ein Pflegeheim reserviert hat, sei der beste Beweis dafür, welch hohen Stellenwert man im Rathaus der Pflege und Betreuung für Senioren einräume. Pflege brauche Freiräume, um sich entfalten und neue Ideen umsetzen zu können. Das biete das neue Heim in Hohenkreuz mit seinem innovativen Betreuungskonzept. Mit Lisa Geiger stellte Naujoks eine Heimleiterin vor, die das Projekt von Anfang an begleitet hatte. Sie und ihr neu zusammengestelltes Team hätten in den vergangenen Wochen „viel mehr geleistet als ihre Stellenbeschreibung von ihnen verlangt“.

Wie stark der Gedanke eines Pflegeheims in Hohenkreuz vor Ort verankert ist, zeigt sich auch am Engagement von Bürgerausschuss, Förderverein Nord, ökumenischem Krankenpflegeverein und zahlreichen Bürgern, die das Projekt begleitet und durch eigene Vorschläge bereichert hatten. Sidonie Conzelmann vom Bürgerausschuss zeigte sich „ganz glücklich, dass alles so gut gelungen ist“. Und auch am kirchlichen Segen soll es nicht fehlen - den überbrachten Diakon Esteban Rojas und Pfarrer Christoph Schweizer. Etwa 30 Ehrenamtler wollen sich in der täglichen Arbeit engagieren - für Wolfgang Drexler, den Vorsitzenden des Fördervereins Nord, ein ermutigendes Zeichen: „Die Menschen, die hier wohnen, sollen sich nicht abgehängt, sondern als Teil der Gemeinschaft im Stadtteil fühlen.“ Und damit im Pflegeheim-Alltag immer Musik drin ist, steuerte der Förderverein ein Klavier für 6000 Euro bei.

Daten und Fakten zum neuen Pflegeheim

Gemeinsam: Das Pflegeheim in Hohenkreuz verwirklicht das Modell der Hausgemeinschaften. Dieses Betreuungskonzept soll dem Wunsch vieler älterer Menschen nach familiären Wohnstrukturen Rechnung tragen. Die Bewohner können sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch an den vertrauten Tätigkeiten in Hauswirtschaft und Küche beteiligen.

Geräumig: Das neue Haus bietet insgesamt 59 Einzelzimmer an. Drei Zimmergrößen (jeweils inklusive einem Sanitärbereich) stehen zur Auswahl: Die Standard-Einzelzimmer sind 22,6 Quadratmeter groß, die großen Pflegeappartements bieten 32 Quadratmeter (teils mit kleiner Küche), die kleinen Pflegeappartements sind 28 Quadratmeter groß.

Gastlich: Bewusst will man sich auch in den Stadtteil öffnen. Das Café Schlosswiesen ist öffentlich und bietet unter der Woche einen täglich wechselnden Mittagstisch an. Nachmittags werden die Besucher von ehrenamtlichen Kräften mit Kaffee und Kuchen bewirtet. Das Café dient zudem als Veranstaltungsort für kulturelle Angebote und Feste.