Von Mathias Kuhn

Stuttgart/Esslingen -Aufatmen bei den Mitarbeitern der Mercedes-Benz-Werks Untertürkheim: Mit einem gemeinsamen Maßnahmenpaket schaffen die Unternehmensleitung und der Betriebsrat beste Bedingungen für den Einstieg in die Elektromobilität am Traditionsstandort. Im Werkteil Mettingen soll mit dem „E-Technikum“ eine Anlauffabrik für künftige Schlüsseltechnologie entstehen. Zudem steigt das Werk in die Montage der elektrifizierten Antriebsmodule und die Herstellung von Komponenten für E-Fahrzeuge ein.

Anfang des Monats verkündete Daimler, dass Fahrzeuge der neuen Elektromarkt EQ nicht nur in Bremen, sondern auch in Sindelfingen gebaut werden. Und wo werden die Motoren gefertigt?, fragten sich viele der 19 000 Beschäftigten des Mercedes-Benz-Werks Untertürkheim. Zurzeit brummt die Produktion der Verbrennungsmotoren. Doch die Beschäftigten wissen, dass sich ein Wandel vollzieht. Elektrofahrzeuge werden immer mehr Anteile gewinnen. Seit gestern ist klar: Auch das Stammwerk wird an dieser Transformation teilhaben. Mit einer gemeinsamen Vereinbarung haben Unternehmen und Betriebsrat die Rahmenbedingungen für den Einstieg in die Elektromobilität vorbereitet. „Im globalen Power train-Produktionsverbund von Mercedes-Benz Cars stellen wir uns auf die Zukunft ein und schaffen im Lead-Werk Untertürkheim die Basis für die Produktion zukunftsweisender Technologien. So stellen wir sicher, dass wir auch im neuen Zeitalter der Elektromobilität wettbewerbsfähig sind“, sagt Markus Schäfer, Mitglied des Bereichsvorstands Mercedes-Benz Cars.

Neues Kompetenzzentrum

Im Werkteil Mettingen soll mit einem „E-Technikum“ ein neues Kompetenzzentrum entstehen, in dem künftig Prototypen für den elektrischen Antrieb aufgebaut werden. Dieses E-Technikum wird Anlauffabrik für künftige Schlüsseltechnologien. Außerdem steigt das Werk in Montageprozesse des elektrifizierten Antriebsmoduls und die Produktion von Komponenten für E-Fahrzeuge ein.

Gleichzeitig wurde ein weiterer Kapazitätsausbau bei Verbrennungsmotoren festgelegt. Die Produktion von Motoren, Getrieben und Achsen bleibt integraler Bestandteil des Untertürkheimer Werks. In der Gießerei in Mettingen sollen auch Komponenten für künftige Motorengenerationen gefertigt werden. Aber es müssen im Werk auch neue Flächen und Kapazitäten für die Elektromobilität geschaffen werden. Deswegen werden im Gegenzug nicht wettbewerbsdifferenzierende Produkte wie Kraftstoffkomponenten und Turbinengehäuse ausgelagert.

Den von dieser Verlagerung betroffenen Beschäftigten sollen gleichwertige Arbeitsplätze im eigenen Produktionscenter oder in den neu vereinbarten Technologiefeldern der Elektromobilität angeboten werden. Schon in der 2015 getroffenen Vereinbarung waren Auslagerungen angekündigt worden. Die aktuelle Vereinbarung ist die Fortschreibung dieses Zukunftsbilds - der nächste Schritt in die Modernisierung des Untertürkheimer Werks zum führenden Werk für den Powertrain-Produktionsverbund. „Das Mercedes-Benz-Werk Untertürkheim geht aus einer Position der Stärke die Herausforderung der Elektromobilität aktiv an. Wir brauchen unsere Mitarbeiter am Standort Untertürkheim, um weiterhin in steigender Stückzahl und Spitzenqualität konventionelle Antriebe zu produzieren und gleichzeitig den Einstieg in die Elektrifizierung vorzubereiten“, sagt Werkleiter Frank Deiß. Die Bandbreite umfasst weiterhin hocheffiziente Verbrennungsmotoren, Plug-in-Hybridantriebe sowie das lokal emissionsfreie Fahren mit Brennstoffzellentechnologie. „Dieses Verhandlungsergebnis ist ein wichtiger Wegweiser in Richtung Zukunft. Es gilt, die Weichen für alternative Antriebe zu stellen. Wir wollen den elektrischen Antriebsstrang im Neckartal herstellen. Das Werk Untertürkheim produziert heute das Herz unserer Fahrzeuge. So soll es auch in Zukunft bleiben und dafür setzen wir uns ein“, verkündet Wolfgang Nieke, Betriebsratsvorsitzender des Mercedes-Benz-Werks Untertürkheim.

Daimler rechnet damit, dass auch noch in den nächsten zehn Jahren der weitaus größte Teil seiner Autos einen Verbrennungsmotor haben wird. Erst 2025 soll der Elektroanteil bei 15 bis 25 Prozent der verkauften Autos liegen. Im vergangenen Jahr lag der Absatz bei gut 2,2 Millionen Autos.