Mehr als eineinhalb Jahre ruhten die Sanierungsarbeiten. Nun können die Handwerker in dem Kulturdenkmal Ecke Pliensaustraße und Oberer Metzgerbach, das bei einem Brand im Juni 2015 stark beschädigt wurde, loslegen. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Gaby Weiß

Eineinhalb Jahre ist der verheerenden Brand in der Esslinger Altstadt nun her. Doch bis zum Jahreswechsel war das Haus an der Ecke Pliensaustraße und Oberer Metzgerbach noch immer eine mit Planen verhüllte Brandruine. Das zweite durch das Feuer stark in Mitleidenschaft gezogene Gebäude daneben wurde mittlerweile instandgesetzt, am Eckhaus aber hat sich seit dem Feuer im Juni 2015 nichts getan. Das soll sich nun rasch ändern: Nach einigem Hin und Her zwischen dem Baurechtsamt und dem Architekten, der die Bauherrin vertritt, wurde am letzten Arbeitstag vor Weihnachten die Baugenehmigung mit Teil-Baufreigabe für die Sanierung des historischen Hauses erteilt.

Passanten in der Einkaufsmeile Pliensaustraße hatten immer wieder verwundert auf diese lange Zeit unveränderte Bauruine geschaut. Offiziell wurde jedoch niemand in Sachen Sanierungsstillstand bei der City-Initiative Esslingen, die sich für die Förderung der Innenstadt stark macht, vorstellig. „Außer dem Architekten hat uns niemand angesprochen, wann es vorwärts geht“, sagt Vorstand Alexander Kögel. Auch bei der Stadtverwaltung sind laut Pressesprecher Roland Karpentier keine Anfragen aus der Bevölkerung eingegangen, warum sich am vom Feuer verwüsteten Eckhaus so lange nichts tut. „Aber es ist klar, dass die Nachbarn und die Straßengemeinschaft ein eigenes Interesse daran haben, dass das Gebäude möglichst schnell saniert wird und wieder eine Nutzung erfährt.“

Ersten Bauantrag im Mai gestellt

Dem Architekten Hermann Falch, Sohn der Hausbesitzerin Ellen Falch, der die Sanierung des Eckhauses betreut, ging dagegen vieles zu langsam. Er hatte seinen ersten Bauantrag im Mai 2016 eingereicht. Das Baurechtsamt forderte jedoch statt des gelieferten teilweisen ein komplettes Brandschutzkonzept. „Wir können nur genehmigen, wenn wir entsprechende prüffähige Unterlagen haben. Wenn das Baugesuch unvollständig ist, dann dauert das“, erklärt Roland Böhm, Amtsleiter im Baurechtsamt. Falch reichte im August das um das Fehlende ergänzte Baugesuch ein. Doch ein weiterer Punkt erschwere das Genehmigungsverfahren, nämlich die Tatsache, dass das Gebäude als Kulturdenkmal eingestuft ist, erläutert Roland Böhm. „Dabei bedarf es zusätzlich der intensiven Abstimmung mit der Landesdenkmalpflege. Da beißen sich mitunter Brandschutz und Denkmalschutz, da muss man Kompromisse suchen, alle Belange abwägen und nach der besten Lösung suchen.“

Hermann Falch hätte das Verfahren durch Vor-Ort-Treffen aller Beteiligten gerne beschleunigt. Das sei, so Falch, vom Baurechtsamt jedoch als „nicht zielführend“ abgelehnt worden. „Schon am Tag nach dem Brand waren der Denkmalschutz, die Feuerwehr und meine Leute zum ersten Mal vor Ort“, erklärt Böhm. „Es ist immer der größte Wunsch der Architekten, dass sich alle an einen Tisch setzen, dass jeder sagt, was er will, und die Sache dann genehmigt ist. Diese Forderung ist legitim, aber in der Praxis nicht förderlich. Bei so einem Termin versteht jeder nur das, was er hören will. Und wenn dann der Bauantrag kommt, meint jeder: Das ist doch alles besprochen.“ Ein korrektes Genehmigungsverfahren, so Böhm, sehe anders aus. „Dafür muss ich anhand von Plänen beurteilen, und ich muss die Stellungnahmen aller Disziplinen einholen, koordinieren und abstimmen, dass alles passt“, erläutert er das Procedere.

Weil Hermann Falch das Verfahren nicht schnell genug ging, griff er im Dezember zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Auf zwei Schildern in den Fenstern des vor dem Brand von Photo-Porst gemieteten Ladengeschäfts im Erdgeschoss des Eckhauses beklagte er das langwierige Genehmigungsverfahren. Gegenüber der EZ erläutert Hermann Falch: „Die Bearbeitungszeiten im Baurechtsamt sind seit längerer Zeit relativ lang, die Flexibilität ist eingeschränkt. Wenn man gewollt hätte, hätte man mir eine Teil-Freigabe für gewisse notwendige Vorarbeiten geben können.“ Der Wiederaufbau einer stark geschädigten Wand, die seit dem Brand mit einem aufwendigen Hilfsgerüst gestützt werden muss, wäre, so Falch, dann deutlich früher möglich gewesen. Ein Vorhaben, gegen das auch ein Prüfstatiker und das Denkmalamt keine Einwände gehabt hätten.

Ende Dezember hat das Hin und Her nun ein Ende gefunden. An seinem letzten Arbeitstag vor Weihnachten wurde die Baugenehmigung erteilt, berichtet Hermann Falch und ist froh, dass nun die Handwerker mit der Sanierung beginnen können. Roland Böhm vom Baurechtsamt erklärt: „Er hat eine Teil-Baufreigabe erhalten und kann loslegen. Es ist vom Gesetzgeber so vorgesehen, dass bei bestimmten Bauvorhaben - Stichwort Vier-Augen-Prinzip - ein externes Ingenieurbüro die bautechnische Prüfung macht und die statischen Nachweise noch einmal begutachtet. Das ist bei diesem Vorhaben der Fall. Der Prüfingenieur gibt das dann relativ schnell in Etappen oder in Gänze frei.“

der sanierungsplan für das eckhaus

Der Brand: Am 24. Juni 2015 war wegen eines Kurzschlusses in einer Klimaanlage an einer Außenwand zwischen den beiden Häusern der Brand ausgebrochen. Der nur knapp einen Meter breite Spalt zwischen den Gebäuden wirkte wie ein Kamin und ließ die Flammen nach oben ziehen. Verletzt wurde niemand, der Schaden an den beiden Gebäuden wurde mit rund 600 000 Euro beziffert. Nur dem schnellen Eingreifen der Feuerwehr, die mit 18 Fahrzeugen und 90 Mann im Einsatz war und mit einem Hubschrauber die Löscharbeiten aus der Luft koordinierte, war es zu verdanken, dass die Flammen nicht auf weitere Gebäude übergriffen.

Sanierung statt Abbruch: „Wir haben uns bewusst für die Sanierung und gegen einen Abbruch des Hauses entschieden. Wir wollen mit diesem wichtigen Gebäude am Athleteneck das historische Stadtbild erhalten“, betont Architekt Hermann Falch, der durch die Sanierung des Hauses aus dem 16. Jahrhundert „keine Veränderung in Ansicht oder Nutzung“ herbeiführen will. „Es wird alles so bleiben wie es war, ein Ladengeschäft im Erdgeschoss mit Personal- und Lagerräumen im ersten Stock und obendrüber eine Wohnung.“

Energieeffizient: In Abstimmung mit dem Denkmalamt will der Architekt das vom Feuer stark beschädigte Eckhaus in der Esslinger Innenstadt energetisch und technisch auf einen guten Stand bringen. „Wir möchten es soweit ertüchtigen, dass es zu einem energieeffizienten Kulturdenkmal wird. Dazu gehört auch, dass wir oben eine Brennstoffzellenheizung einbauen.“