Dominik Borde Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Der Kaffeeklatsch oder Treffen mit Freunden sind seltener geworden: Das geht aus dem „Freizeit-Monitor“ hervor, der von der Stiftung für Zukunftsfragen jetzt vorgestellt wurde. Stattdessen stehen Fernsehen, Telefonieren und die Nutzung des Internets weit oben auf der Liste der 3000 befragten Personen ab 14 Jahren. Beschneidet das Smartphone damit reale Kontakte? Wie fühlt man sich in seiner Freizeit weniger gehetzt? Der Coach und Paartherapeut Dominik Borde gibt Antworten.

Viele haben Angst, in ihrer Freizeit etwas zu verpassen: Auch bei Verabredungen liegt das Smartphone häufig auf dem Tisch und unterbricht Gespräche. Was kann man dagegen machen?

Borde: Wenn man spürt, dass man gestresst ist, weil ständig neue Nachrichten und Meldungen auf einen niederprasseln, sollte man das Handy abschalten - oder zumindest die Benachrichtigungstöne abstellen. Es geht nicht darum, das Smartphone zu verbannen, aber es sollte nicht unsere Beziehungen oder sogar unser Leben bestimmen. In manchen Situationen ist es außerdem schlicht und ergreifend unhöflich, wenn das Smartphone piepst. Etwa wenn man im Kino eine wichtige Stelle verpasst oder bei einem Candle-Light-Dinner von einer WhatsApp-Nachricht unterbrochen wird. Aber auch, wenn man im Urlaub ist oder gemeinsam mit dem Partner Zeit zu zweit verbringt, hat das Handy in diesem Moment nichts verloren. Am besten nimmt man es und schaltet es bewusst aus. So signalisiert man dem anderen: „Du bist mir jetzt gerade am wichtigsten!“ Meist wird das Gegenüber umgehend nachziehen. Und wenn es nicht so ist: Handyfreie Zeit kann und sollte man einfordern.

Was ist der Unterschied zwischen realen Treffen mit Freunden und einem Austausch über Chats und Messenger? Muss Letzteres schlecht sein oder kann es eine Freundschaft auch vertiefen?

Borde: Selbstverständlich sind SMS und Mails ein wertvolles Instrument, um mit Freunden zu kommunizieren. Man überwindet spielend leicht Entfernungen. Und man kann rasch und unkompliziert Gruppen organisieren. Das große Aber ist die reine Schriftlichkeit: Es fehlt ein großer Teil: die Stimme, die Körpersprache und die Mimik. Nur mit allen Sinnen können wir die leisen Zwischentöne der Kommunikation wie Sarkasmus, Witze oder auch Gefühle richtig deuten. WhatsApp hat zwar Bilder und Emojs, aber kein Smiley löst dasselbe in uns aus wie ein echtes Lachen. Menschen brauchen echte Gespräche und echte Gefühle, um eine Freundschaft zu spüren.

Wenn ich merke, ich ziehe das Smartphone oder Serien gucken einem Treffen mit realen Menschen vor: Wie komme ich denn dagegen an?

Borde: Die virtuelle Welt kann süchtig machen. Wer sich ohne sein Smartphone gestresst oder nur halb fühlt, wer reale Treffen absagt, um online zu chatten, der hat schon mehr als einen Schritt in Richtung Sucht getan. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, wie viel Zeit sie mit ihrem Smartphone verbringen. Da kann ein Protokoll helfen, in dem man dokumentiert, wie oft man an einem Tag das Smartphone in die Hand nimmt. Und als nächster Schritt: bewusst abschalten. Außerdem sollte man sich angewöhnen, E-Mails nur zu bestimmten Zeiten zu checken und Zeiten einzuplanen, in denen man nicht erreichbar ist. Alle Apps, die man nie verwendet, löscht man besser. Und was einen zwischendurch mit Nachrichten und Meldungen bombardiert, gehört ebenfalls abgeschaltet.

Die Fragen stellte Julia Kirchner.