Hilde Cost verabschiedet sich nach arbeitsreichen Jahren. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Christian Dörmann

Während des Neujahrsempfangs der Bezirkskammer in Esslingen am 24. Januar wird Hilde Cost verabschiedet und gleichzeitig der Nachfolger vorgestellt. Den wird die Vollversammlung der IHK zwar erst morgen bestellen, doch alle Zeichen deuten auf Christoph Nold hin, der bis August persönlicher Referent von Hauptgeschäftsführer Andreas Richter war und derzeit im Brüsseler Büro des Deutschen Industrie- und Handelskammertags ist. Stationen, die vor ihrem Wechsel von Stuttgart nach Esslingen auch Hilde Cost durchlaufen hat. Was ihr Nachfolger zu seinem Amtsantritt keineswegs beanspruchen muss, war seinerzeit auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise ein kleiner Rettungsanker. „Wir haben eine Krisenhotline eingerichtet und konnten helfen“, erinnert sich die Volkswirtschaftlerin. Zum Teil hatten die Unternehmen im Landkreis mit bis zu 40 Prozent Auftragseinbrüchen zu kämpfen, da wurde jeder Impuls, um irgendwie aus der Situation herauszukommen, dankbar akzeptiert. Also war es aus Sicht von Hilde Cost doch ein guter Start - „einfach, weil wir helfen konnten“.

Risiko wird verteilt

Davor, sich auf den Errungenschaften auszuruhen, hat Hilde Cost immer gewarnt. Und sie tut es in Zeiten einer unsicheren Entwicklung der Weltwirtschaft, den Geschehnissen in Russland und den USA oder des Brexit auch heute. Das schaffe Unsicherheit - gerade in einer Region mit großem wirtschaftlichem Potenzial, wie das im Landkreis Esslingen und drumherum der Fall ist. Eine Automobilindustrie als Zugpferd, die noch stark auf den Verbrennungsmotor setze, müsse die Veränderungen in Richtung Elektroantrieb und Digitalisierung schnell und konsequent angehen. Für die Zukunft gut aufgestellt sieht Hilde Cost im Kreis Esslingen den dominierenden Maschinenbau: „Da wird eine hohe Qualität produziert, die Firmen sind weltweit tätig - das verteilt das Risiko.“ Und weil das Geschäft bei uns vielfach international ist, hält sie Widerstände gegen die Globalisierung für schädlich.

Günstige Voraussetzungen für wirtschaftliche Stabilität und Wohlstand erwachsen häufig an der Basis. Das beginnt in den Städten und Gemeinden und hierzulande mit dem besonderen Problem, in einem Ballungsraum noch neue Gewerbeflächen zu finden. Hinzu kommt ein breiter Widerstand aus der Bevölkerung überall dort, wo Gewerbe neu angesiedelt werden soll. „Es ist noch nicht überall angekommen, wie wichtig die Wirtschaft für uns ist“, sagt Hilde Cost und spricht vom „Motor unseres Landes“. Gleichwohl sieht sie die Konkurrenz, etwa wenn sich die Interessen von Wohnen und Arbeit auf den wenigen verfügbaren Flächen begegnen. Eine übergreifende Flächenentwicklung durch die Kommunen mit gemeinsamen Gewerbeflächen ist für Hilde Cost ein denkbarer Weg, um dem Dilemma zu begegnen.

In der Stadt Esslingen ist der Mangel an entwicklungsfähigen Gewerbeflächen besonders stark ausgeprägt. Zu diesem Risikofaktor gesellt sich in den kommenden Jahren ein weiterer vor allem mit Blick auf die bestehenden Unternehmen: die Sanierung und Erneuerung der Esslinger Großbrücken. Damit die Betriebe trotz der zu erwartenden Einschränkungen arbeits- und handlungsfähig bleiben, fordert Hilde Cost schon im Voraus neben einem schlüssigen überregionalen Verkehrskonzept auch den Mut, konventionelle Pfade zu verlassen. Nicht alle Lieferfahrten müssten während des Berufsverkehrs stattfinden, die Einrichtung von Zwischenlagern entzerre den Warenverkehr, mehr Arbeit von zu Hause aus entlaste die Straßen. Cost: „Manchmal zeigt die Not neue Wege auf.“

Wer im Falle der Brückensanierung mit all ihren Begleiterscheinungen die Koordination der vielen Beteiligten übernehmen muss, liegt für Hilde Cost auf der Hand. Dies sei Aufgabe des städtischen Wirtschaftsförderers. Allein: Den sucht man nach zwei gescheiterten Anläufen, die Position mit Leben zu erfüllen, schon seit geraumer Zeit vergeblich. Das ist allerdings für Hilde Cost weniger das, worauf es ankommt: „Entscheidend ist, dass man jemanden findet, der es kann.“ Und wenn die Stadt Zeit benötige, um die Stelle gut besetzen zu können, dann sei das eben so. Dieser Posten muss aus ihrer Sicht direkt beim Oberbürgermeister angesiedelt werden, „damit er auch nach innen wirkt“.

Sprachrohr der Unternehmen

Die Position der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers der Bezirkskammer ist traditionell stark. Präsident und Geschäftsführung bilden eine Doppelspitze, und nicht selten ist es wie im Falle von Hilde Cost die Geschäftsführerin, die nach außen hin die politische Linie der IHK vertritt. Das war zum Beispiel so, als sie im Namen von Kammer und Unternehmen ein klares Bekenntnis zu „Stuttgart 21“ ablegte. Das hat ihr und ihrer Organisation nicht nur Freunde eingebracht. „Die Firmen brauchen ein Sprachrohr, das ihre Interessen verkündet“, sieht Hilde Cost die Kammer in der Pflicht.

Apropos Pflicht: Diese gilt in Bezug auf die IHK-Mitgliedschaft für jedes Unternehmen. Das wird nicht von allen Firmen beklatscht, weshalb Hilde Cost einen Teil ihrer Zeit darauf verwendet hat, zu überzeugen. „Ich gehe in die Firmen und rede mit den Betreffenden“, sagt sie - oft stoße man dann auf Verständnis. Denn wenn es vor allem in kleineren oder kleinen Betrieben außerhalb deren eigentlicher Kernkompetenz um komplizierte Sachfragen zu Themen wie Umweltschutz, Gründungen, Finanzierungen, Ausbildung oder Auslandsmärkte gehe, dann sei die Beratung durch die IHK gern gefragt. „Aber auch größere Unternehmen rufen uns an“, versichert Hilde Cost.

zur person

Aufgewachsen ist Hilde Cost in Karben bei Frankfurt, ihre Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb. Hilde Cost studierte Volkswirtschaft in Saarbrücken, Bonn und Gießen, bevor sie in Düsseldorf und Frankfurt bei zwei Chemieunternehmen in den Bereichen Marktforschung und Marketing arbeitete. 1986 kam sie nach Stuttgart zur IHK und war persönliche Referentin des damaligen Hauptgeschäftsführers Peter Kistner. Ein Jahr lang wechselte sie sodann ins Brüsseler Büro des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, übernahm 1996 in Stuttgart die Leitung der Bereiche Volkswirtschaft und Datenverarbeitung, zudem wurde sie Mitglied der Geschäftsführung. Im Frühjahr 2009 wechselte Hilde Cost auf den Posten der leitenden Geschäftsführerin der IHK Bezirksammer Esslingen-Nürtingen und wurde somit Nachfolgerin des langjährigen Geschäftsführers Wolfgang Oettle.