400 000 Fahrgäste benutzen täglich die S-Bahnen in der Region Stuttgart - und sind mit Zugausfällen und Verspätungen konfrontiert. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Detlef Holland

Stuttgart - Mehr als deutlich war dem Stuttgarter OB Fritz Kuhn seiner Verärgerung anzusehen, nachdem die Vertreter der Bahn gestern im Verkehrsausschuss des Regionalverbands die Punkte ihrer Qualitätsoffensive vorgestellt hatten. Von einer weiterern Steigerung der Pünktlichkeit der S-Bahnen war da die Rede - nun schon seit mehreren Jahren unter dem Motto „Jede Sekunde zählt“. Von einer „Stabilisierung der Infrastruktur bei der Leit- und Sicherheitstechnik“ wurde berichtet. Und von einer „modernen Weichendiagnostik“ zur Ertüchtigung der 620 Weichen im S-Bahn-Netz, mit dem Ziel, schon im Vorfeld Störungen zu vermeiden. Aber Fakt ist und bleibt: Wie schon in den vergangenen Jahren sind mehr als die Hälfte der Zugausfälle auf technische Störungen zurückzuführen. Dazu summiert sich fehlendes Personal. „Signalstörung Rohr-Filderstadt, Signalstörung in Fellbach, Weichenstörung in Bad Cannstatt, dazu Fehler im Weichenstellwerk Waiblingen“ - Fritz Kuhn hat Anfang April den Test gemacht und sieht das Hauptproblem bei der Bahn nicht gelöst: Größere Störungen, die mitunter die Züge stundenlang auch im Berufsverkehr nicht fahren lassen, haben nach seinen Worten ihre Ursache nach wie vor in der maroden Netz-Infrastruktur.

„Opfer des eigenen Erfolgs“

Kuhn betonte zwar, er wolle kein „S-Bahn-Bashing“ betreiben über das mit inzwischen täglich 400 000 Fahrgästen erfolgreichste Verkehrsmittel in der Region. Aber was die Störungen betrifft, nahm er die verantwortliche DB Netz in die Pflicht. „Beseitigen Sie endlich diese Störungen und investieren Sie mit den Gewinnen, die Sie mit den Fahrgästen machen, in die Infrastruktur“, forderte der Stuttgarter OB und fügte hinzu: „Begründen Sie die Störungen aber nicht immer mit den Bauarbeiten zu Stuttgart 21.“ Harald Raß (SPD) sieht die S-Bahnen inzwischen als „Opfer des eigenen Erfolgs bei steigenden Fahrgastzahlen“. Das Netz gerate an seine Grenzen. Eine „vorausschauende Instandhaltung“ der Gleise, wie sie die Bahn etwa im Weichenmanagement propagiere, könne er nicht erkennen.

Bernhard Maier von den Freien Wählern konnte fast nur noch resigniert seufzen. Nun halte man bereits dem vierten S-Bahn-Gipfel ab, „aber immer wieder dasselbe: Die Bahn verspricht immer mehr Maßnahmen, aber es gibt wenig Verbesserungen.“ Jeder fünfte Zug sei in der Hauptverkehrszeit verspätet. Dennoch plädierte Maier schon einmal vorsorglich für einen fünften Gipfel. „Bis zum Erreichen der Zielwerte bei der Pünktlichkeit ist noch ein gutes Stück zu tun“, sagte Helmut Noë (CDU). Mit Nachdruck müsse der Regionalverband die Forderung an die DB Netz AG formulieren, dass die Signalisierung im Bereich Schwabstraße bis Stuttgart-Vaihingen realisiert wird - aber ohne Steuergelder.

Dass die Zugausfälle und Verspätungen die Fahrgäste nach wie vor nerven, zeigen auch die konstant schlechten Umfragewerte. So bekommen die S-Bahnen auch im vergangenen Jahr nur die Note 3,2 - der gleiche Wert wie im Jahr zuvor. Und auch die Fahrgastinformationen bei Störungsfällen werden nur mit der Schulnote 3,1 bewertet. Michael Groh, Leiter des Regionalbereichs Südwest bei DB Station & Service, kündigte an, dass bis Ende 2016 auch an den letzten 15 der 83 S-Bahn-Haltestellen zentrale Durchsagen aus dem Ansagezentrum Stuttgart vorgenommen werden können. Zusätzlich zu den Haltestellen Hauptbahnhof und Stadtmitte sollen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, die ein zentrales Öffnen und Schließen der Türen ermöglichen. Darüber hinaus sind im Hauptbahnhof weitere Info-Monitore geplant. Damit jeder weiß, wo die S-Bahn hält, werden die Markierungen für Kurz- und Vollzüge in der Tunnelstrecke zwischen Hauptbahnhof und Schwabstraße optimiert. Auch das hilft, das Aus- und Einsteigen zu beschleunigen.

2,5 Millionen Euro Strafzahlung

Da die S-Bahnen noch immer nicht so pünktlich sind wie im Vertrag zwischen dem Verband Region Stuttgart und der DB Regio vereinbart, erhält der Verband knapp 2,5 Millionen Euro an Strafzahlungen. Der Verkehrsausschuss lehnte den Vorschlag der Verwaltung allerdings einstimmig ab, das Geld zu reinvestieren, um die Signalabstände zwischen den Haltestellen Schwabstraße und Stuttgart-Vaihingen zu verkleinern. Das sei ein guter Ansatz, denn die Leistungsfähigkeit der Strecke werde erhöht, weil S-Bahn-Züge dichter hintereinander fahren können. Doch Investitionen in Infrastruktur seien nicht Aufgabe des Verbands, so die einhellige Auffassung der Regionalparlamentarier. Wie die Strafzahlungen nun verwendet werden sollen, muss noch geklärt werden.

VVS-Geschäftsführer Horst Stammler berichtete indes von weiteren Verbesserungen, um die Umsteige-Anschlüsse zwischen der S-Bahn sowie Bussen oder regionalen Bahnen zu verbessern. Bereits bei der Planung von neuen Verkehrsverbindungen werde die Übergangszeit um fünf Minuten erhöht. Die Anschlussinformationen würden sowohl in den Bordcomputern der Busfahrer erscheinen als auch auf den Monitoren der S-Bahnen und perspektivisch auch der Busse im VVS-Gebiet. In einem Pilotprojekt werde eine Anschlusssicherung erprobt, indem Busfahrer aktuelle Wartezeitvorschriften erhalten.