Feuerwehrmänner stehen am 29.05.2016 in Schwäbisch Gmünd (Baden-Württemberg) vor einer mit Wasser überfluteten Bahnhofunterführung. Bei der Bahnhofsunterführung sind zwei Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Feuerwehrmann. Laut ersten Ermittlungen wollte der Feuerwehrmann die in Not geratene Person retten und war selbst von den Fluten mitgerissen worden. Foto: dpa

Es sind Bilder wie nach einem Krieg: Zerstörte Straßen, Häuser, Autos und überall Schlamm und Schutt. Für manche Orte in Baden-Württemberg und Bayern war das Unwetter eine Heimsuchung.
Schwäbisch Gmünd (dpa) - Bei schweren Unwettern und verheerenden Überschwemmungen sind in Süddeutschland höchstwahrscheinlich vier Menschen ums Leben gekommen. Am schlimmsten traf es den Nordosten Baden-Württembergs. Auch in Bayern - vor allem in Mittelfranken - richteten Unwetter massive Schäden an. Die Zahl der Verletzten war zunächst unklar. Die Gewittergefahr schwächte sich am Montag ein wenig ab - in Nordrhein-Westfalen wurden aber noch kräftige Gewitter mit Hagel und Starkregen erwartet.
In Baden-Württemberg gehen die Behörden davon aus, dass ein Feuerwehrmann in Schwäbisch Gmünd bei einem Bergungsversuch ums Leben kam. Auch die Person, die er aus einem Kanalschacht habe retten wollen, sei wohl gestorben. „Nach menschlichem Ermessen sind beide tot“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Stuttgart. Allerdings seien beide noch nicht geborgen.
In Weißbach im Hohenlohekreis kam ein 60 Jahre alter Mann in einer überschwemmten Tiefgarage ums Leben. Ein 13-jähriges Mädchen wollte unter einer Bahnbrücke bei Schorndorf Schutz vor dem Regen suchen und wurde dort von einem Zug erfasst und getötet.
Allein in Baden-Württemberg wurden von Sonntagnachmittag bis Montagmorgen rund 7000 Helfer zu mehr als 2200 Einsätzen gerufen. Die Mitarbeiter von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Rotem Kreuz, Lebensrettungs-Gesellschaft und Polizei seien im Dauereinsatz, hieß es aus dem Lagezentrum in Stuttgart. Die Zahl der Verletzten liege nach bisherigen Erkenntnissen im einstelligen Bereich.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach den Angehörigen der Hochwasseropfer sein Mitgefühl aus: „Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Toten. Ich spreche ihnen meine aufrichtige Anteilnahme aus.“
Wohl mit am schwersten wurde der kleine Ort Braunsbach im Norden Baden-Württembergs getroffen. Zwei Bäche verwandelten sich in einen reißenden Strom und rissen alles mit. Baumstämme wurden durch die Straßen gespült. Autos werden an Hauswände gedrückt oder von Schlamm und Geröll verschüttet.
Bei dem Unglück in Schwäbisch Gmünd wurde am Sonntagabend ein Mann in einer Bahnunterführung von Wassermassen in einen Kanalschacht gesogen. Beim Versuch, ihm zu helfen und ihn aus dem Schacht zu befreien, geriet auch ein Feuerwehrmann in den Sog. Die Identität der Opfer war zunächst unklar.
Der erste Landesbeamte des Landkreises Schwäbisch Hall, Michael Knaus, sagte am frühen Morgen, in den vergangenen Stunden sei so viel Regen pro Quadratmeter gefallen wie sonst in mehreren Monaten. Die heftigen Regenfälle verursachten an einigen Stellen das schlimmste Hochwasser seit rund zwei Jahrzehnten.
Das langsame Weiterziehen der Gewitter war laut Experten hauptverantwortlich für die extremen Überschwemmungen am Sonntagabend in Süddeutschland. Von extremen Wetterlagen sprach Meteorologe Martin Jonas vom Deutschen Wetterdienst (DWD): „Das Ungewöhnliche gestern war, dass wir in einer relativ druckschwachen Situation waren.“ Die Gewitter seien deshalb nur sehr langsam weitergezogen. „Dementsprechend lagen die intensiven Niederschläge relativ lange über den gleichen Gebieten.“ In einigen Gebieten habe es bis zum Morgen mehr als 100 Liter pro Quadratmeter geregnet.
Die Hochwasserzentrale in Karlsruhe warnte vor bedrohlichen Wasserständen an den östlichen Zuflüssen zu Neckar und Donau sowie im Rhein und an der Tauber. An der Messstation Kirchberg an der Jagst fielen im Laufe der Nacht innerhalb von sechs Stunden 87 Liter Niederschlag pro Quadratmeter.
Die Schifffahrt auf dem Neckar wurde wegen des Hochwassers in den Nebenflüssen am Montag eingestellt. Die drei größten Zuflüsse Kocher, Enz und Jagst führten teilweise die drei- bis sechsfache Wassermenge, sagte ein Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamts in Stuttgart. Es herrschen hoher Wellengang und stellenweise gefährliche Strömungen an den Zuläufen, somit könnten auf dem Neckar wohl bis Mittwoch keine Schiffe durchfahren.
In Bayern waren die Schäden besonders groß in den Orten Flachslanden und Obernzenn bei Ansbach. Dort verwandelten sich in der Nacht zum Montag binnen kurzer Zeit schmale Bäche in reißende Flüsse und überfluteten viele Straßen und Keller, wie der Einsatzleiter Thomas Müller berichtete. Erdrutsche blockierten Straßen. Verletzte habe es zum Glück nicht gegeben, sagte der Bürgermeister von Flachslanden, Hans Henninger.
Die größten Schäden registrierte die Feuerwehr im Flachslander Ortsteil Sondernohe. „Das ist ein Ort der Verwüstung“, berichtete ein Feuerwehrmann. Das von den Hängen herabschießende Wasser sei als breiter Strom durch den Ort gerauscht. Die Wassermassen hätten Autos mitgerissen, Verkehrsschilder seien wie Streichhölzer umgeknickt. „In dem Ort hat das Wasser in der Nacht zum Teil bis zu einem Meter hoch gestanden“, sagte der Feuerwehrmann. Im benachbarten Obernzenn, wo die Regenmassen die Zenn über die Ufer treten ließen, wurde neben vielen Häusern auch eine Turnhalle überschwemmt.
In Baden-Württemberg verzeichneten die Behörden Hunderte Notrufe. Allein das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Ulm meldete, dass es zwischen 16.15 Uhr und 21.00 Uhr 490 Notrufe gegeben habe. Die Bahn sperrte mehrere überschwemmte Strecken.