Von Mareike Spahlinger

Stuttgart- Trotz Kritik bei Teilen der Südwest-Grünen ist für Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Aussetzen von Abschiebungen nach Afghanistan - wie in anderen Bundesländern - keine Option. Er sieht jedoch eine Stichtagsregelung als eine Möglichkeit. Dazu sei er „im Hintergrund am Arbeiten“, sagte er gestern in Stuttgart.

Einen Tag vor einer geplanten Sammelabschiebung afghanischer Flüchtlinge in München erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dass er eine Stichtagesregelung für möglich halte. Eine Stichtagsregelung könnte vorsehen, dass Flüchtlinge, die schon längere Zeit in Deutschland leben und gut integriert sind, nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden. „Das muss aber ausverhandelt werden.“ Er sei jedoch nur ein Ministerpräsident von 16 und in Zeiten des Vorwahlkampfes seien solche Gespräche nicht einfach, fügte er hinzu.

Aus den Reihen der Südwest-Grünen gab es zuletzt Kritik, dass die grün-schwarze Landesregierung nicht wie etwa die von Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz einen vorläufigen Abschiebestopp verhänge. Besonders die Grüne Jugend fordert, Abschiebungen nach Afghanistan aufgrund der dortigen Sicherheitslage zu stoppen.

Kretschmann hält jedoch daran fest, abgelehnte Asylbewerber abzuschieben. Zur Begründung erklärte er, dass die Beurteilung der Sicherheitslage in die Zuständigkeit des Bundes und nicht der Länder falle. „Ob in ein Land abgeschoben wird oder nicht, bestimmt der Bund. Er hat die Instrumente, die Kompetenz und die Verantwortung und nicht die Bundesländer“, betonte der Ministerpräsident. „Es ist niemandem gedient, wenn man Verantwortlichkeiten vermischt.“

Die Regierung hätte bei Abschiebungen nur einen Spielraum was konkrete Personen angeht, nicht aber das Zielland, sagte er mit Bezug auf eine verhinderte Abschiebung eines Afghanen im vergangenen Dezember. Der Mann, der im Badischen lebt, war zum Christentum konvertiert, was die Rückkehr in sein Heimatland für ihn gefährlich gemacht hätte. Auf Initiative der Grünen und der evangelischen Landeskirche wurde die Abschiebung des Mannes in letzter Minute verhindert. „Uns steht ein Ermessensspielraum zu, der in der Person begründet ist“, sagte Kretschmann. Was andere Länder machten, „müssen sie selber verantworten.“ Die Landesregierung müsse sich an die Rechtsstaatlichkeit halten.

Grünen-Landeschefin Sandra Detzer sagte unterdessen der Deutschen Presse-Agentur, mehr als zehn Jahre habe es aus gutem Grund einen Abschiebestopp nach Afghanistan gegeben. „Es wäre klare grüne Position, den wieder in Kraft zu setzen. Aber es gibt dafür im Bund derzeit keine Mehrheiten.“ Die Bundesländer hätten die Möglichkeit, einen Abschiebestopp von bis zu drei Monaten zu verhängen, räumte Detzer ein. Das sei aber keine langfristige Lösung. „Ich fürchte, dass die Bewertung der Sicherheitslage in Afghanistan auch politisch motiviert ist durch eine CDU, die hohe Abschiebezahlen vorweisen möchte“, sagte Detzer mit Blick auf Schwarz-Rot im Bund.