Jörg Meuthen Foto: dpa - dpa

Von Hermann Neu

Stuttgart - Die Oppositionsfraktionen im Landtag sind sich zumindest in einem Punkt einig: Die gestiegenen Staatseinnahmen sollen wenigstens zum Teil zum Abbau der 47 Milliarden Euro Altschulden des Landes verwendet werden. Als Resultat ihrer Klausuren zum Jahresauftakt schlagen AfD, SPD und FDP allerdings zum Teil äußerst konträre Änderungen am Etat 2017 vor.

Die AfD sieht in dem von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) im Dezember eingebrachten Landeshaushalt 2017 im Volumen von mehr als 47,8 Milliarden Euro ein Einsparpotenzial von 1,5 Milliarden. Zumindest mit einem „symbolischen Beitrag“ müsse der Schuldenabbau beginnen, forderte AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen gestern in Stuttgart.

Ihr Zentralthema Flüchtlinge prägt wie der Kampf gegen das Gender Mainstreaming auch die haushaltspolitischen Vorstellungen der Rechtspopulisten: Die Politik der Bundesregierung führe zu „exorbitant hohen Flüchtlingskosten“ für die Länder, kritisierte Meuthen. Die Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge beispielsweise überstiegen mit 221 Millionen Euro sogar den Haushaltsposten für den Erhalt der Infrastruktur im Land von 212 Millionen, argumentierte der Haushaltspolitiker der Fraktion, Rainer Podeswa. Hier könne gekürzt werden, weil viele der angeblich minderjährigen Flüchtlinge in Wahrheit älter seien. Podeswa sprach von einem „Steuererhöhungs- und Steuerverschwendungshaushalt“. Das Etatvolumen steige von 2016 auf 2017 um 7,8 Prozent, die wirtschaftliche Leistung im Land habe aber nur um 1,6 Prozent zugenommen.

SPD: Drei Milliarden Überschuss

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch warf der Landesregierung vor, sie spiele beim tatsächlichen Kassenstand „nicht mit offenen Karten“. Einen Milliardenüberschuss, wie ihn der Bund bekannt gegeben hat, habe „garantiert“ auch das Land. Voraussichtlich gehe es um drei Milliarden, die Summe könne aber auch darüber liegen. Wie FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke geht Stoch davon aus, dass sich die grün-schwarze Regierung mit Blick auf die Schuldenbremse im Jahr 2020 einen finanziellen Vorrat anlegen will. Stoch sprach von einem „Tarnmanöver“, damit sich Finanzministerin Sitzmann später dann „als große Saniererin aufdonnern kann“.

Rülke geht von Reserven im Umfang von 3,2 Milliarden im Etat aus. Der Liberalen-Fraktionschef schlägt vor, bei Überschüssen prinzipiell 25 Prozent zum Schuldenabbau zu verwenden. 2017 hält er die Tilgung von 500 Millionen für möglich. Die Argumentation der Landesregierung, Sanierungen von Landeseigentum wie Straßen, Brücken und Gebäuden seien ein Kampf gegen die implizite Verschuldung, lässt der Liberalen-Frontmann nicht gelten. Für die SPD wirft die Einstufung von Sanierungen als Schuldenabbau durch die Landesregierung verfassungsrechtliche Probleme auf. Die Fraktion behalte sich eine rechtliche Klärung vor, kündigte Stoch an.

Der SPD-Fraktionschef forderte neben der Tilgung von Altschulden eine Reihe von Investitionen: Mit allein 70 Millionen soll die geplante Streichung von mehr als 1000 Lehrerstellen verhindert werden. Die Wohnraumförderung soll von geplant 250 Millionen auf 300 Millionen steigen, 57 Millionen zusätzlich müssten für die Krankenhäuser fließen und mit 50 Millionen soll in größeren Städten der Öffentliche Personennahverkehr gefördert werden. Kleinere Posten im SPD-Konzept gelten etwa mehr Förderstellen an Grundschulen oder der Entlastung der Polizei durch zusätzliche Verwaltungsstellen.

FDP: Geld für Landärzte

Generell sieht Stoch neben dem Thema Innere Sicherheit auch die existenziellen Sorgen der Bürger als Thema: Bei der Schaffung von Wohnraum sei am Bedarf der Menschen vorbeigeplant worden. Auch an teuren Standorten wie Stuttgart oder Freiburg müsse es bezahlbare Wohnungen geben. Eine Möglichkeit sei beim Grunderwerb „eine Komponente für Familien“.

Auch Rülke kündigte für die anstehenden parlamentarischen Beratungen des Haushalts mehrere Änderungsanträge an. So müsse es bei den Ressourcen für die Schulen Umschichtungen gebe, die „eher zu Lasten der Gemeinschaftsschulen“ und zugunsten der Realschulen und Gymnasien erfolgen müssten. Handlungsbedarf sieht die FDP auch beim Landärzteprogramm, das die Regierung „auf Null gestellt“ habe.

Umschichten wollen die Liberalen bei den Mitteln für den Nationalpark Schwarzwald. Die „Überakzentuierung“ für das Prestigeprojekt der früheren grün-roten Landesregierung müsse enden. Personalstellen sollen vom Nationalpark im Nordschwarzwald abgezogen und den Naturparks zugutekommen.