Das Land in guten Händen? Winfried Kretschmann und Thomas Strobl stellten Anfang Mai den grün-schwarzen Koalitionsvertrag vor. Doch offenbar gibt es umfangreiche Nebenabsprachen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (lsw) - Grüne und CDU haben laut einem Medienbericht neben dem Koalitionsvertrag in einem „Geheimdokument“ Milliardenausgaben vereinbart. Trotz der angespannten Finanzlage hätten sich die Regierungsparteien ohne Information der Öffentlichkeit auf bevorzugte Projekte geeinigt, berichtete die „Südwest Presse“. Regierungskreise bestätigten den Bericht.

Die SPD - nach ihrer Wahlniederlage am 13. März nun in der Opposition - reagierte wie auch die FDP entsetzt. So werde die demokratische Kultur mit Füßen getreten, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Der Ex-Bildungsminister verlangte, dass die Absprachen unverzüglich öffentlich bekannt gemacht werden. Stoch beantragte zudem für die Sitzung des Landtags am Mittwoch eine aktuelle Debatte mit dem Titel „Missachtung des Parlaments beenden - Grün-Schwarze Geheimabsprachen zum Haushalt müssen auf Tisch des Hauses“. FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von einer „unglaublichen Respektlosigkeit“. Sämtliche schwarz-grünen Geheimabsprachen müssten auf den Tisch. Dem Zeitungsbericht zufolge gibt es bei den „Nebenabreden“ eine Liste mit 43 Maßnahmen, die ausdrücklich „vom Haushaltsvorbehalt ausgenommen“ sind.

Schuldenbremse ab 2020

Demnach sollen die dort aufgeführten Projekte unabhängig von der Finanzlage des Landes bis 2021 umgesetzt werden. Von 2020 an aber gilt eine Schuldenbremse - ein Verbot neuer Kredite also. Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag heißt es: „Für alle finanzwirksamen Maßnahmen gilt ein Haushaltsvorbehalt.“ In dem „zwölfseitigen Geheimdokument“ seien konkrete Ausgaben von 1,365 Milliarden Euro für einmalige Maßnahmen festgehalten - zum Beispiel für die Digitalisierung, Wohnraumförderung und Polizeiausstattung, berichtete die Zeitung weiter. Hinzu kämen Projekte, die dauerhaft finanziert werden müssten. Diese würden in der Endstufe jährlich mit 754 Millionen Euro zu Buche schlagen, hieß es. Aus Koalitionskreisen verlautete am Wochenende dass die Regierung zu dem Ziel stehe, die „Politik auf Pump“ endgültig zu beenden. „Ab 2020 gilt die Schuldenbremse“, hieß es. Wenn an einer Stelle Geld für wichtige Investitionen ausgegeben werde, müsse woanders gespart werden. Innere Sicherheit, Digitalisierung und Infrastruktur seien wichtige Bereiche, sagte ein Teilnehmer an den Koalitionsverhandlungen. „Im Übrigen haben die Koalitionspartner nie bestritten, dass es Nebenabreden gibt, um einige im Vertragstext formulierte Ziele zu konkretisieren und deren Umsetzung zu erleichtern“, meinte er.

Bildungspass und Polizeistellen

Die Jusos warfen der Regierung „Täuschung der Öffentlichkeit“ vor. „Man sieht, wie viel noch von dem angeblichen Transparenz-Gebaren der Grünen übrig geblieben ist, das ist eine Schande für eine einstmals progressive Partei“, sagte Juso-Landeschef Leon Hahn. Zu den Einmalausgaben zählen nach dem Medienbericht Garantiesummen für Digitalisierung (325 Millionen Euro), Wohnraumförderung (250 Millionen Euro) oder eine bessere Ausstattung der Polizei (100 Millionen Euro). Die dauerhaften Mehrkosten entstehen demnach durch den neuen Kinderbildungspass (84 Millionen Euro pro Jahr) und 1500 zusätzliche Polizeistellen (65 Millionen Euro pro Jahr).