Von Kathrin Drinkuth

Salem - Der buchstäbliche Stein des Anstoßes liegt auf einem Hügel im Landkreis Konstanz, irgendwo zwischen Stockach und Pfullendorf. Ein paar Sonnenstrahlen fallen auf Burg Hohenfels. Im Innenhof des Gebäudes ist Lachen und Rufen zu hören. Doch der friedliche Schein trügt: Um den Unterstufen-Standort des Internats Salem wird seit Monaten gestritten.

Schulleitung und Trägerverein wollen die Burg aufgeben - obwohl das beschlossen ist, reißt die Kritik nicht ab. Die Burg sei ein Alleinstellungsmerkmal der Schule, sagt Michael Steinau von der Initiative „Pro Hohenfels“. Einen besseren Standort für die Zehn- bis Zwölfjährigen gebe es nicht. „Die Kinder sind dort sehr glücklich, frei und unbelastet.“ Man könne zwar Zimmer verlegen, aber keine ganzen Orte. Schulleiter Bernd Westermeyer will davon nichts wissen: „Wenn die Qualität einer Schule im schönen Schein läge, wäre das übel. Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Pädagogik von Kurt Hahn.“ Hahn gilt als einer der Begründer der Erlebnispädagogik. Er rief 1920 mit Prinz Max von Baden das Salemer Internat ins Leben.

Bislang lernen die Schüler dort an vier Orten: die Mittelstufe in der Schlossanlage in Salem, die Unterstufe auf Burg Hohenfels, die Oberstufe an den Überlinger Standorten Schloss Spetzgart und Campus Härlen. Langfristig ist angedacht, alle Schüler zusammenzubringen. Beschlossene Sache ist aber nur die Umsiedlung der Unterstufe bis zum Schuljahr 2017/2018 nach Salem. Kritiker sorgen sich unter anderem, dass die Unterstufe dadurch zusammenschrumpfen könnte. Im Gegensatz zu anderen Internaten sei die Altersklasse der Fünft- bis Siebtklässler bisher nicht geschrumpft - einer der Gründe sei Hohenfels.

„Wenn die Kinder das sehen, wollen sie dorthin“, sagt Steinau. Angesichts der ehrwürdigen Salemer Gebäude werde dagegen „der Händedruck in Muttis Hand fester. Die sind sehr groß für Kinder, da werden sie sich nicht so wohl fühlen.“ Die Aufregung um Hohenfels habe ihn nicht überrascht, sagt Westermeyer. „Es hätte mich sogar enttäuscht, wenn die Menschen nicht mit so vielen Emotionen reagiert hätten. Diese Emotion ist der stärkste Beweis dafür, dass Salem eine enorme Bindungskraft hat.“

Wie emotional die Debatte mitunter geführt wird, zeigt ein Artikel auf „Cicero online“. Salem stehe vor dem wirtschaftlichen Kollaps, schreibt der Autor, selbst einmal Schüler des Internats. Schulleitung und Trägerverein verzettelten sich „in Sandkastenspielen“, es herrsche eine „Mischung aus Diktatur und Dilettantismus“. Fast 70 Mal wurde der Bericht kommentiert, auch von ehemaligen Schülern. Er habe den Artikel als „unfaire Netzbeschmutzung eines Ehemaligen“ empfunden, der „an vielen Stellen die Unwahrheit gesagt hat“, meint Westermeyer. Die wirtschaftliche Situation der Schule sei absolut gesund. „Aber wenn Eltern hier 35 000 Euro pro Jahr aus versteuertem Einkommen für die Schule zahlen, können sie erwarten, dass wir kostenbewusst mit diesen Mitteln umgehen“, sagt er. „Und dass ein Maximum des Geldes wirklich in der pädagogischen Arbeit mit den Kindern landet und nicht in der Unterhaltung denkmalgeschützter Bausubstanz.“

Doch bei allem Streit: Die Aufgabe von Burg Hohenfels sei längst beschlossen, sagt Westermeyer. Das wissen auch Steinau und seine laut eigenen Angaben 160 Mitstreiter: „Der Internatsverein hat das in einer für uns unfassbaren Mehrheit beschlossen. Entweder haben wir das pädagogische Konzept nicht verstanden oder es ist nicht da“, sagt er. „Ich wünsche mir aber, dass wir uns irren. Wir sind pro Hohenfels, nicht contra Salem.“