Stuttgart (lsw) - Die Grünen lehnen im Kampf gegen Terrorismus die anlasslose Überwachung von Bürgern ab. Gezielte Maßnahmen gegen Gefährder seien aber sinnvoll, sagte Landeschef Oliver Hildenbrand gestern in Stuttgart.

„Uns Grünen ist es wichtig, dass die Menschen in Deutschland frei und sicher leben können. Deshalb werden wir alle verhältnismäßigen und rechtsstaatlichen Vorschläge sorgfältig und unter der Leitfrage prüfen, ob sie tatsächlich helfen, mehr Sicherheit zu gewährleisten.“

Die Forderung des CDU-Generalsekretärs Manuel Hagel, künftig flächendeckend jeden öffentlichen Platz im Südwesten - egal ob in der Stadt oder auf dem Land - mit Kameras überwachen zu lassen, findet der Grüne völlig überzogen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) hatten sich auf Konsequenzen aus dem Terroranschlag in Berlin verständigt. Dazu gehört, dass die Abschiebehaft erleichtert werden soll, Fußfesseln bei Gefährdern angewendet werden können und Wohnsitzauflagen für Asylbewerber verschärft werden, die über ihre Identität täuschen.

Ein Mehr an Sicherheit brächten nicht harte Worte, sondern wirksame Maßnahmen, betonte Hildenbrand. Entscheidend seien personell und technisch gut ausgestattete Sicherheitsbehörden, die professionell zusammenarbeiteten und ihre Informationen europaweit austauschten.

Hans-Ulrich Rülke (FDP) warf den Grünen vor, mit ihrer Zusage einer Prüfung angesichts der berechtigten Sorgen in der Bevölkerung und der anstehenden Bundestagswahl von ihrem jahrelangen Versagen ablenken zu wollen. „Tatsächlich sind sie auch weiterhin bundesweit noch nicht einmal bereit, der Ausweitung der sicheren Herkunftsländer zuzustimmen“, kritisierte der Liberale.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) befürwortet eine härtere Gangart gegen islamistische Gefährder. „Wir werden bei den Gefährdern bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Möglichen gehen, wenn das erforderlich ist“, hatte er kürzlich gesagt. Die Zahl der Gefährder beziffert das Innenministerium auf einen mittleren zweistelligen Wert.

Von Ressortchef Thomas Strobl (CDU) kam Lob für das Sicherheitspaket der Großen Koalition: „Was der Bundesinnenminister und der Bundesjustizminister gemeinsam vereinbart haben, weist in die ganz richtige Richtung. Es ist gut, dass die SPD sich in bestimmten Punkten endlich bewegt hat.“

Wenn der Bund die Fußfessel für Gefährder als Möglichkeit der Überwachung billige, werde das Land das entsprechende Gesetz prüfen und dessen Regelungen gegebenenfalls im eigenen Polizeigesetz verankern, sagte ein Sprecher Strobls. Der Forderung von CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart, die technischen Möglichkeiten der Videoüberwachung etwa durch neuartige Software voll auszuschöpfen, stimme das Ministerium zu. Was technisch möglich und verfassungskonform sei, müsse in einer Novelle des Polizeigesetzes berücksichtigt werden. Reinhart pocht auf eine Gesetzänderung für mehr Videoüberwachung.