Von Annika Grah

St. Leon-Rot/Homburg - Es scheint auf den ersten Blick trivial: Mit Hilfe eines Sensors kann Bosch in der Qualitätskontrolle den Zustand des Öls prüfen. In dem Werk in Homburg (Saarland) werden Hydraulikpumpen gebaut und mit Hilfe von Öl getestet. Dank der neuen Sensoren lässt sich der optimale Zeitpunkt für einen Ölwechsel finden, bevor Filter verstopfen.

Tatsächlich Bosch löst damit ein entscheidendes Problem. Denn die meisten Maschinen, die in Deutschland stehen, werden zwar von Software gesteuert - von einer Vernetzung sind sie aber weit entfernt. Das gilt auch für die Maschinen zur Überprüfung der Hydraulikpumpen. Der Sensor wurde im Nachhinein eingebaut. Übermittelt werden die Daten in einer eigens entwickelten Maschinensprache. Sie ähnele der Funktion von Internet-Protokollen, nach deren Logik Webseiten aufgebaut werden, erklärt ein Bosch-Sprecher.

Weltweit feilt die Industrie an solchen gemeinsamen Sprachregelungen für Maschinen. Denn die Erwartungen an die Vernetzung in der Industrie sind hoch.

Durch den Einsatz von intelligenten Werkstücken könnten weltweit Milliarden eingespart werden. Dies ergeben Schätzungen der Wirtschaftsberatung PwC. Gleichzeitig rechnet der IT-Branchenverband Bitkom dadurch mit einer deutlichen Steigerung der Wertschöpfung für die deutsche Industrie in den kommenden zehn Jahren. In Boschs Werk in Homburg wurden in der Vergangenheit Filter auf Verdacht ausgetauscht - nicht, wenn es notwendig war.

SAP und Bosch wollen bei der vernetzten Produktion künftig enger zusammenarbeiten. „Um die großen Potenziale der vernetzten Industrie noch besser auszuschöpfen, müssen internationale Unternehmen stärker als bisher und mit offenen Standards kooperieren“, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. Beide Unternehmen wollen zentrale Datenspeicher (Cloud) und Softwarelösungen teilen.

Doch bislang sprechen viele Maschinen in verschiedenen Sprachen oder sind überhaupt nicht in der Lage, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Gut 150 einzelne Technologien und Systeme, schätzt Heiner Lasi vom Ferdinand-Steinbeis-Institut in Stuttgart, sind allein in der Automatisierung von Maschinen im Einsatz.

Die Vielfalt hat Gründe. Sie diente ursprünglich vor allem zur Marktabschottung. Firmen, die die Maschinen liefern, scheuten das Risiko, Komponenten unterschiedlicher Hersteller zu verbauen, erklärt Lasi. Denn im Fehlerfall müssten sie dafür gerade stehen. Weltweit versucht man sich inzwischen auf Standards zu einigen. Mit einigen Regierungen wie China, Japan oder Frankreich seien Absichtserklärungen unterschrieben worden.

In den USA fehle das, weil es dort das sogenannte Industrial Internet Consortium (IIC) gibt. Einzelne deutsche Firmen wie SAP, aber auch Bosch und Siemens engagieren sich im IIC. Erst seit dem vergangenen November arbeiten die von der Bundesregierung getragene Plattform Industrie 4.0 und das IIC an einem übergreifenden Rahmen. Während in Deutschland lange an einer gemeinsamen Sprache getüftelt wurde, bemühte man sich beim IIC direkt um Fallbeispiele - kleine Lösungen für konkrete Anwendungen. Auch die Entwicklung im Homburger Bosch-Werk ist ein solches „Testbed“ genanntes Beispiel. An dem Projekt arbeiten die IT-Dienstleister Tata Consulting und Dassault Systèmes sowie der Software-Konzern SAP mit.

„Inzwischen wird auch in Deutschland auf Teillösungen gesetzt“, sagt Dorst. Die Frage der Sprache dürfe trotzdem nicht aus den Augen verloren werden. Projekte, in denen Partner das Zusammenspiel von Sensoren und Maschinen untersuchen, hätten sich darin bewährt, Software und Cloud-Technologie zu erproben, um daraus Standards abzuleiten, meint SAP-Vorstand Bernd Leukert.

Boschs Maschinensprache ist kostenlos und frei verfügbar, eine Handvoll mittelständischer Firmen unterstützen sie bislang. Ob sich daraus ein weltweiter Standard entwickeln wird, ist noch unklar.