Ministerpräsident Winfried Kretschmann (links) im Gespräch mit Katharina Fürstin von Hohenzollern und Karl Friedrich von Hohenzollern. Mit einem Empfang hat Kretschmann die Verdienste von Adelsfamilien um den Erhalt von Liegenschaften gewürdigt. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Bettina Grachtrup

Stuttgart - Das alte Gemäuer knarrt. In den oberen Stockwerken fliegen nachts die Fledermäuse, und draußen rufen leise die Käuzchen. Manchmal ist das Schloss auch Arnulf Freiherr von Eyb etwas unheimlich. „Ich habe da schon das Pfeifen gelernt, um mir nachts selbst Mut zu machen“, räumt er ein. Der 62-Jährige ist auf Schloss Eyb in Dörzbach (Hohenlohekreis) groß geworden. Als er noch Kind war, gab es dort weder Zentralheizung noch Bad. Das ist heute anders. Doch für den Schlossherrn bleibt weiterhin ständig etwas zu reparieren - und das alles kostet immens viel Geld.

Von Eyb ist einer von rund 70 Gästen, die der grüne Regierungschef Winfried Kretschmann gestern Abend im Neuen Schloss in Stuttgart empfing - darunter waren auch Friedrich Herzog von Württemberg, Berthold Graf Schenk von Stauffenberg und Bettina Gräfin Bernadotte. Kretschmann dankte ihnen für den Erhalt von Schlössern, Burgen und Wäldern. „All dies gehört zum kulturellen Erbe Baden-Württembergs.“

Von Eyb weiß aus eigener Erfahrung, welche große Belastung die Familien tragen. „Es gibt ständig Renovierungsbedarf. Wenn man an der einen Seite fertig ist, fängt man woanders wieder an.“ Dabei müssen Auflagen des Denkmalschutzes eingehalten werden --Teile von Schloss Eyb sind immerhin bis zu 700 Jahre alt. Schlossherr von Eyb ist CDU-Landtagsabgeordneter und selbstständiger Rechtsanwalt. Er und seine Frau leben zusammen mit zehn Mietparteien auf dem Schloss - die Mieteinnahmen decken einen Teil der hohen Kosten für den Erhalt.

„Im Rahmen des Zumutbaren“

Wie viele Schlösser und Burgen es im Privatbesitz im Südwesten gibt, kann keiner genau sagen. Nach Angaben des Regierungspräsidiums in Stuttgart ergibt eine Suchanfrage in der Denkmaldatenbank zum Stichwort Schloss knapp 2000 Treffer, wobei es sich sowohl um Burg- als auch um Schlossanlagen handelt, im staatlichen wie im privaten Besitz. Das Land selbst unterhält nach Angaben der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg etwa 240 Kulturliegenschaften.

Im Denkmalschutzgesetz des Landes ist festgelegt, dass Eigentümer eine Pflicht haben, Kulturdenkmäler zu erhalten - „im Rahmen des Zumutbaren“. Nach Angaben des Regierungspräsidiums können Eigentümer die Kosten, die ihnen für den Erhalt entstehen, steuerlich absetzen. Zudem sind Zuschüsse möglich - des Landes, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Denkmalstiftung Baden-Württemberg. Mit einer ersten Tranche für 2017 unterstützt das Land den Erhalt von Kulturdenkmalen mit 9,6 Millionen Euro, darunter sind 98 private Projekte - etwa die Instandsetzung der Bastionsmauer der Burg Hohenzollern in Bisingen-Zimmern (Zollernalbkreis). 2016 wurden aus dem Programm insgesamt Mittel in Höhe von 14 Millionen Euro gewährt.

Karl-Eugen Graf von Neipperg gehören die Burg Neipperg, das Schloss Schwaigern und ein Weingut im Landkreis Heilbronn. Seine letzte große Investition war die Renovierung der Schlosskapelle vor fünf Jahren. Wie viel Geld er in Instandhaltung steckt, lässt er offen. Die öffentlichen Zuschüsse gebe es jedoch nur für die denkmalbedingten Mehrkosten, sagt er. „Den Großteil der Kosten trägt der Eigentümer.“

Adel ist nur noch Namensbestandteil

Vor fast 100 Jahren wurde mit der Weimarer Republik die konstitutionelle Monarchie abgeschafft und damit auch der Adelsstand. Die am 31. Juli 1919 von der Nationalversammlung beschlossene Verfassung erklärte die vielen „Vons“ und Adelstitel wie „Freiherr“ oder „Graf“ nur noch zu Bestandteilen des bürgerlichen Namens. An dieser Rechtslage hat sich bis heute nichts geändert.

Die Grundnorm, die allen Deutschen die „Gleichheit vor dem Gesetz“ zuerkannte, war Artikel 109 der Weimarer Verfassung. Er hob alle Standesvorrechte auf und bestimmte: „Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden.“ Bestätigt wurde dies 1949 mit dem Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes.

Wer die noch immer für viele exklusiv anmutenden Adelstitel führen darf, richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen, wie sie für jeden Familiennamen gelten. Adelsprädikate der Eltern gehören also automatisch zum Geburtsnamen des Kindes. Sie können auch durch Heirat oder Adoption erworben werden. Als fester Teil des Familiennamens dürfen sie im Rechtsverkehr nicht einfach weggelassen werden.

Auch bei der Anrede gilt in Deutschland eigentlich bürgerliches Namensrecht und nicht adliges Standesrecht. Prinzessin, Fürst, Graf oder Freiin sind schlicht „Herr“ oder „Frau“ plus Familiennamen. Üblicherweise fallen in der mündlichen Anrede aber „Herr“ oder „Frau“ sowie das „von“ weg. Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt etwa sagte zum verstorbenen früheren Wirtschaftsminister Otto Graf von Lambsdorff „Graf Lambsdorff“. Ex-Finanzminister Hans Matthöfer bevorzugte als überzeugter Republikaner „Herr Graf Lambsdorff“.