Ein Spieler aus Südbaden kann sich über einen Rekord-Lottogewinn freuen. Foto: dpa - dpa

Von Hermann Neu

Stuttgart - Lotterie-Anbieter aus Steueroasen sind für die Lotto Baden-Württemberg ein Dauerärgernis: Geschätzt eine Milliarde Euro entfallen laut der Lotto-Geschäftsführerin im Land, Marion Caspers-Merk, auf Anbieter, die in Deutschland nicht lizensiert und damit illegal sind. Bundesweit setzen die klassischen Anbieter sieben Milliarden um. Trotz der Konkurrenz verbucht die Lottogesellschaft im Land 2016 mit 967 Millionen 2,2 Prozent Plus.

Die frühere SPD-Bundespolitikerin Caspers-Merk sprach sich gestern in Stuttgart bei der Vorlage der Lotto-Bilanz 2016 für drastischere Schritte gegen die Konkurrenz der „Schwarzen Lotterien“ aus. Viele europäische Länder sperrten sich gegen die illegalen Anbieter, in Deutschland gehe dies aber nicht. Allerdings könnten deren Finanzströme gekappt werden. Für mögliche Schritte soll laut Caspers-Merk das Land Nordrhein-Westfalen verantwortlich sein. Es gehe um Verbrauchertäuschung und unfairen Wettbewerb bei Steuersätzen von einem Prozent in Malta oder auf Gibraltar, wo die meisten illegalen Lotterien sitzen. Bei illegalen Lotterien profitierten vor allem „die Shareholder“, warnte die Lottogeschäftsführerin. Die illegale Konkurrenz mit ihrem zum Teil aggressiven Marketing kennt dabei offenbar auch bei Produktpiraterie keine Scheu und kupfert beispielsweise ungeniert die Gestaltung von Seiten regulärer Anbieter im Internet ab. Reagieren diese und ändern zum Schutz der Kunden ihren Auftritt, sehen die illegalen Seiten „nach drei Wochen genauso aus“, berichtete Caspers-Merk.

Sport, Kunst und Kultur gefördert

In Deutschland fließt dagegen die Hälfte der Einsätze an die Spieler zurück, im Land waren dies im vergangenen Jahr 478,5 Millionen. 17 Prozent beträgt die Steuer. Ein beträchtlicher Teil der Einsätze kommt somit mit den Spielern als „geheimen Mäzenen“ gemeinnützigen Zwecken wie Sport, Kunst und Kultur zugute. 2016 war dies im Land bei 368 Millionen etwa eine Million Euro pro Tag.

Das abgelaufene Jahr war für die Lottogesellschaft im Land trotz des schwierigen Umfelds erfolgreich. Aufgegangen sind laut der Geschäftsführerin beispielsweise die digitalen Strategien mit Präsenz in allen sozialen Medien und einer neuen Homepage. Im neuen Jahr sollen zwölf Millionen in neue Terminals in den Annahmestellen fließen. Die klassischen Annahmestellen bleiben aber das Standbein, betonte Caspers-Merk.

Die einzelnen Angebotssparten haben sich höchst unterschiedlich entwickelt: Dominierend bleibt mit einem Einsatz von fast 494 Millionen das Lotto 6 aus 49, das in der Publikumsgunst allerdings um 5,7 Prozent zurückfiel. Platz zwei, der Euro-Jackpot mit 133 Millionen, hat um gut 28 Prozent zugelegt, das Spiel 77 kommt auf 121 Millionen (minus 2,3 Prozent), Lose kommen auf 60 Millionen (plus 33 Prozent). Die Glücksspirale mit 47,6 Millionen (plus 8,3 Prozent) sowie Oddset (annähernd 24 Millionen), Keno (17,5 Millionen) sowie weitere Angebote wie das Silvesterlotto (zehn Millionen), Toto (7,1 Millionen und Plus 5 (1,6 Millionen) folgen.

Mit dem Verkaufsstart am 14. Februar startet die Lottogesellschaft mit der Geolotterie „Logeo“ ein neues Angebot. Die erste Ziehung soll am 13. März stattfinden. Gewinnen kann man dabei mit den Koordinaten der eigenen Wohnung. Statt Zahlen werden elektronisch deren Geodaten gezogen. Der Hauptpreis beträgt pro Woche 100 000 Euro.

Auch Nachbarn profitieren

Wie bei der spanischen Weihnachtslotterie profitieren bei Logeo je nach Entfernung auch die Nachbarn - falls sie mitgespielt haben. Die Gewinner haben zusätzlich die Möglichkeit, über die Förderung einer am Gemeinwohl orientierten Einrichtung in der Umgebung zu bestimmen. Die Lottogesellschaft spendet dann 5000 Euro.

Nach einer gewissen Flaute in den Jahren 2013 und 2014 mit je 13 Millionengewinnen ist die Quote großer Gewinne im Südwesten 2016 auf 21 gestiegen. Leicht im Vorteil war erneut der badische Landesteil. Dabei haben sich laut der Südbadenerin Caspers-Merk die höheren Wetteinsätze in Baden ausgewirkt. Spektakulärster Gewinn war der 90-Millionen-Jackpot, den ein Handwerker aus dem Schwarzwald gewonnen hat.

Nach größeren Gewinnen lässt die Lottogesellschaft die Glücklichen nicht allein: Zwar sei „die überwiegende Zahl der Gewinner sehr geerdet“, darunter seien auch einige Tippgemeinschaften. Ab mehr als 100 000 Euro bekommen die Gewinner in der Benachrichtigung aber auch einen Ratgeber: Darin ist neben der Zusicherung der Anonymität und einem Hinweis auf die Beratung durch eine Bank auch noch der Tipp enthalten, „nicht gleich etwas Spektakuläres zu machen“, erklärte Caspers-Merk.