Ein Haus für die ganze Familie: Dabei verschieben sich die Prioritäten je nach Kinderzahl in ganz unterschiedliche Richtungen. Alt- und Neubauten haben zudem ihre ganz eigenen Vor- und Nachteile, sodass hier Selbstanalyse erforderlich ist.  Foto: fotolia.com © drubig-photo - fotolia.com © drubig-photo

Eine Familie mit drei Kindern – allein das ist heute angesichts des demographischen Wandels schon ein Bild mit Seltenheitswert in Deutschland. Allerdings zeigen die Zahlen der Bundesregierung auch: Je mehr Kinder eine Familie hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie in einem eigenen Haus wohnen. Klar, wo gibt es schon bezahlbare Wohnungen mit fünf oder mehr Zimmern? Allerdings stellt sich generell für Eltern, die mit dem Gedanken spielen, ins Eigenheim zu ziehen, eine Grundsatzfrage: Wo soll es hingehen: In einen Neubau, der sich frei gestalten lässt oder einen Altbau, der zwar die Räume vorgibt aber selbst mit einer Kernsanierung meistens unterm Strich billiger ist? Dass beide Hausformen sowieso durch umfangreiche Maßnahmen kindersicher gemacht werden müssen, steht außer Frage. Aber welcher Bau ist tatsächlich besser geeignet, um darin Kids großzuziehen? Dieser Artikel versucht, durch die Gegenüberstellung von Fakten, Klarheit zu schaffen.

  1. Neubau

Der wohl größte Vorteil des Neubaus: Bauherren haben bei ihm zdie theoretische Möglichkeit, den Grundriss nach eigenen Wünschen frei zu gestalten – Lage und Größe der Kinderzimmer ließen sich also ebenso optimal nach persönlichen Prioritäten planen, wie andere Bedürfnisse, die nur bei kinderreichen Familien zum Tragen kommen. Doch muss zunächst erklärt werden, welche Neubauformen es überhaupt gibt:

  • Architektenhäuser: Diese werden, wie der Name schon sagt, von Fachleuten in Zusammenarbeit mit dem Bauherrn geplant und dann in klassischer Manier Stein auf Stein errichtet.
  • Bauträgerhaus: Hierbei offeriert ein Bauträger dem Bauherrn einen Katalog mit diversen, fertig geplanten Häusern, aus denen er sich entscheiden muss und die dann ebenfalls Stein auf Stein gebaut werden.
  • Fertighaus: Sie bestehen aus schnell aufstellbaren Elementen und sind ebenfalls in den überwiegenden Fällen nach einem vorgegebenen Schema bereits fertig geplant, ohne dass Bauherren große Änderungswünsche einbringen könnten.

Den Stolperdraht dieser Liste stellt das oben genannte Wörtchen „theoretisch“ dar: Wirklich freie Entscheidung über die Raumplanung hat nur der, der auf ein Haus vom Architekten setzt. Und das ist von allen Neubauformen die mit Abstand teuerste Lösung. Zwar waren von den 58674 im Jahr 2014 begonnenen Neubauten für Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland tatsächlich 49524 Massivhäuser und nur 9150 Fertighäuser – aber die Zahlen verwirren: Denn von den Massivgebäuden wurden viele durch Bauträger errichtet und sind somit Produkte von der Stange und damit ähnlich den Fertighäusern, die im Übrigen sowieso immer mehr im Kommen sind.

Natürlich sind auch Bauträger- und Fertighäuser nicht für Familien ungeeignet, im Gegenteil: Dadurch, dass hier die Planung von Profis übernommen wurde und für eine Vielzahl von Kunden passen muss, wurden bei den Plänen natürlich die Bedürfnisse von Familien in Betracht gezogen. Bloß: Eben weil diese Firmen viele Geschmäcker bedienen müssen, werden meist nur Familien mit maximal zwei Kindern berücksichtigt. Wer mehr Kinder hat, muss in diesen vorgeplanten Gebäuden oft andere Räume umwidmen, was wiederum an anderer Stelle für Probleme sorgen kann.

Das Architektenhaus hat all diese Nachteile nicht, denn hier entscheidet der Bauherr, was er haben will. Allerdings kostet das, denn ein Architekt will natürlich für seine Arbeit bezahlt werden.

Auf der Haben-Seite der Neubauten steht jedoch, dass hier schlicht und ergreifend alles neu und sicher ist: Treppen sind weit und flach, durch große Fenster kann viel Licht in die Zimmer und alle Räume sind so geplant, dass sie perfekt den familiären Bedürfnissen entsprechen. Allerdings: Für solche Häuser muss erst einmal ein Grundstück gefunden werden. Und je nachdem, wo das liegt, etwa in einem angesagten Neubaugebiet, sind ganz gehörige Kosten allein für diesen Erwerb einzuplanen. Zudem zeigen die Zahlen: Schon in unserer Region wird am Beispiel Aichwald diskutiert, ob auf einem zwei Hektar großen Gebiet 80 bis 90 Häuser sinnvoll zu bauen sind – in anderen Ecken Deutschlands sieht es nicht anders aus. Und das wiederum beweist: Hinter einem Durchschnitts-Neubau liegt immer weniger Garten, in dem sich die Kids austoben können. Wer ein Haus baut, das 150m² Fläche bedeckt, hat eben auf einem 300m² „Handtuch“-Grundstück nicht mehr viel Platz übrig.

  1. Altbau

Der Altbau hingegen stellt seinen Käufer vor vollendete Tatsachen: Das Haus selbst ist seit vielen Jahren fertig. An seinem Grundriss lässt sich nur noch wenig ändern. Allenfalls Durchbrüche sind möglich, wobei auch hier immer die Statik bedacht werden und im Zweifelsfall ein Fachmann engagiert und bezahlt werden muss. Auf der Haben-Seite steht jedoch: Häuser, die vor den 1970ern gebaut wurden, waren in den meisten Fällen einfach dafür ausgelegt, dass darin mehr Familienmitglieder Platz finden mussten: Zunächst, weil es damals schlicht Usus war, mehr Kinder als heute zu haben. Anfang der 60er gebaren deutsche Frauen im Schnitt 2,5 Kinder – heute ist es ungefähr die Hälfte davon.

Außerdem war das heute so oft beschworene Mehrgenerationenhaus damals in vielen Fällen Realität: Papa, Mama, Kinder und Großeltern lebten oft genug unter einem Dach. All das sorgt dafür, dass viele Altbauten heute mehr Platz bieten, als jeder im Kostenrahmen einer Durchschnittsfamilie bleibender Neubau.

Allerdings, das muss auch gesagt sein, wurden diese Vorteile auch durch Abstriche an anderer Stelle erkauft, die für Familien schwer tragen:

  • Die Raumgröße in Altbauten ist meist geringer als bei modernen Häusern
  • Die Ausstattung mit Sanitärräumen usw. entspricht oft nicht mehr heutigen Standards
  • In Sachen Hausanschluss sind selten ausreichende Steckdosen vorhanden, sodass Nacharbeit zwingend erforderlich ist.
  • Treppen wurden damals sehr viel schmäler und vor allem steiler gebaut, sodass hier Sicherheitsrisiken für Kinder anfallen.
  • Wohnzimmer, die als „gute Stube“ gedacht und selten verwendet wurden, sind meist viel kleiner als die in Neubauten.
  • Gleiches gilt für Badezimmer.
  • Durch Anbauten wurde zwar mehr Platz geschaffen, aber zum Preis, dass viele Altbauten stark verwinkelt und wenig zweckmäßig sind.

Mehr über die unterschiedlichen Probleme und Mängel der verschiedenen Baualtersstufen finden Sie hier. Kommen noch die energetischen Unzulänglichkeiten hinzu, die meist eine Kernsanierung erforderlich machen, hat auch der Altbau für Familien gewisse Tücken, die nur teilweise durch Änderungen am Grundriss bereinigt werden können.

Dem entgegen stehen jedoch auch noch andere Vorteile: So verfügen Altbauten in vielen Fällen über üppig bemessene Küchen, in denen auch große Familien ausreichend Platz finden. Sofern es im Außenbereich Anbauten oder zusätzliche Gebäudeteile wie Waschküchen, ehemalige Stallungen usw. gibt, lassen sich hier vielfältige Mängel des Haupthauses ergänzen. Sei es beispielsweise, dass die genannte Waschküche wieder ihrem ursprünglichen Zweck gewidmet wird, wenn hier Waschmaschine und Co. einziehen oder indem andere Räume zu großen Spielzimmern umdeklariert werden.

Nicht zu vergessen: Gerade bei ländlichen Altbauten finden sich hinter dem Haus oft vergleichsweise gigantische Grundstücke: Ein 2000m² großer Garten ist hier keine Seltenheit – weil einerseits die Grundstückspreise früher sehr viel niedriger lagen und andererseits sehr viel mehr Nahrung in Eigenleistung produziert wurde. Und das wiederum kann natürlich auch einer modernen Familie zupass kommen. Nicht nur, dass die Kids in solchen Gärten großzügige und sichere Spielplätze finden, sondern auch: Mama und Papa können hier mit Gemüseanbau die Haushaltskasse entlasten, die Mahlzeiten um garantiert kontrolliert biologisch Angebautes bereichern und nicht zuletzt den Kindern viel über Flora und Fauna beibringen – und das nicht in irgendwelchen Naturparks, sondern gleich vor der Hintertüre.

Allerdings, das muss angemerkt werden: Auch ein nach modernsten Gesichtspunkten sanierter Altbau steht in einigen Gesichtspunkten immer einem Neubau nach. Das kann schon alleine damit beginnen, dass in einem dreistöckigen Haus aus den 50ern mit seinen dicken Wänden in den oberen Etagen kaum noch brauchbare WLAN-Signale ankommen und endet damit, dass der Einzug über enge, steile Stiegen auf jedem Fall zu einem Kraftakt, bei manchen Möbeln jedoch auch zur Unmöglichkeit verkommt.

  1. Der Showdown

Worin sollte eine Familie untergebracht werden: Im Neu- oder Altbau? Leider gibt es auf diese Frage keine wirklich eindeutige Aussage. Das Problem ist nämlich, dass jede Familie andere Prioritäten setzt.

Grundsätzlich lässt sich jedoch folgendes aussagen: Kleine Familien mit bis zu zwei Kindern, die Wert auf große Räume und alle Annehmlichkeiten des modernen Lebens legen, werden am ehesten in einem Neubau, am besten als Fertig- oder Bauträgerhaus glücklich. Wenn bei größeren Familien das Geld mitspielt, ist hier auch ein Architektenhaus die bessere Wahl.

Wenn hingegen andere Aspekte im Vordergrund stehen – und das muss nicht unbedingt die finanzielle Potenz des elterlichen Kontos sein – dann ist der Altbau die bessere Wahl – insbesondere bei Familien mit vielen Kids. Vor allem, wenn er mit einem großen Garten und vielen Räumen aufwarten kann. Dann ist es nämlich möglich, auch viele Kinder mit den Vorteilen eines eigenen Zimmers zu erfreuen, die spätestens im Teenageralter zum Tragen kommen. Und diese Vorteile können auch kleineren Familien durchaus zupass kommen: Denn wo die Kids unbeobachtet und trotzdem sicher im Garten spielen können, herrscht nicht nur mehr Zufriedenheit bei den Eltern, sondern verläuft die Kindeserziehung auch ein kleines Stückchen entspannter. Und das ist vielleicht das Federgewicht, dass das Zünglein der Waage zugunsten des Altbaus ausschlagen lässt.