21.10.2016 Traktor-Demo auf dem Esslinger Marktplatz

 Foto: SDMG - SDMG

Von Katja Eisenhardt

Es ist zehn nach vier, als die ersten Traktoren zu hören sind. Nach und nach füllt sich der Marktplatz unter lautem Getucker mit gut 50 Fahrzeugen. Sie alle sind mit großen Plakaten dekoriert, die Botschaften darauf sind deutlich: „Ein Baum verliert die Bodenhaftung, wenn er abgesägt wird. Ein Politiker meist schon vorher“, ist darauf zu lesen. Oder auch „Keine neuen Straßen über unsere Gemüsefelder!“.

Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis lebenswertes Esslingen, der Initiative Attraktives Berkheim, dem Verein Rettet das Greut sowie den Umweltschutzorgansationen Nabu und BUND machten die Esslinger Gärtner und landwirte gestern ihrem Unmut auf dem Markplatz luft. Es war bereits die zweite Demonstration gegen die geplanten Bebauung weiterer Ackerflächen und Obstwiesen. Die Erzeuger plädieren, wenn überhaupt, für eine maßvolle Innenentwicklung. „Wir wollen ein Zeichen setzen gegen neue Bebauung, wir brauchen Frischluftschneisen und Grünland für unsere autonome Versorgung“, erklärte Barbara Duve vom Aktionsbündnis lebenswertes Esslingen. Mit 92000 Einwohnern sei Esslingen ohnehin schon „überfüllt“.

„Es ist ja nicht so, dass die Gärtner und landwirte Esslingens nicht genug zu tun hätten. Doch es ist scheinbar nötig, dass wir erneut ein Zeichen gegen den Flächenfraß setzen“, betonte Agraringenieur Thomas Diehl. „landwirtschaftliche Flächen werden permanent weniger. Allein in Baden-Württemberg fallen täglich 18 Hektar land dem Flächenfraß zum Opfer – das entspricht pro Tag einem landwirtschaftlichen Betrieb.“ Noch merkten die Verbraucher davon nichts, „noch liefert alle Welt“, sagte Diehl. „Das war allerdings auch schon mal anders.“Auf Esslinger Gemarkung lebe man wegen einer günstigen Topografie und fruchtbarer Böden in einer Art „Schlaraffenland“, in dem „alles wächst“. Dieses große Plus verspiele man mit dem neuen Flächennutzungsplan. Von zentraler Bedeutung seien die Pflanzbestände auch für das Klima, betonte Diehl, „sie sind der Puffer, in Esslingen liegt der Überbauungsgrad schon jetzt bei 42 Prozent, das ist dreimal so viel wie der Durchschnitt.“ Verschwänden die Pflanzen, könne unter anderem keine Kaltluft mehr produziert werden, die luft in den Kessellagen werde nicht mehr verdünnt, die Feinstaubwerte stiegen. „Wir müssen alle Verantwortung übernehmen, das ist ein Appell an die Entscheidungsträger der Stadt“, sagte Diehl. Matthias Strobl vom BUND betonte: „Die Filderböden sind die besten in Esslingen. Wer die zubaut, hat eine ganze Menge nicht verstanden.“ Auch er sprach sich gegen eine weitere Bebauung im Außenbereich aus, die zudem eine noch höhere Verkehrsbelastung mit sich bringe. „Das Potenzial für die Innenentwicklung ist da.“ Man müsse sich eben auf einen anspruchsvoller Prozess einlassen. Hier seien alle in der Verantwortung: Investoren, Grundstückseigentümer, Gemeinderat und Stadtverwaltung oder die Bürger. Kristina Thöne und Sylvia Maier wollten sich wie so viele ein Bild von der Situation machen. Beide legen beim Einkauf großen Wert auf regionale Produkte Sie halten die Aktion der Erzeuger daher für wichtig und richtig. Die Vielfalt müsse erhalten werden.