Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Vor 13 Jahren waren Gunther von Hagens „Körperwelten“ schon einmal in Stuttgart zu sehen, jetzt kehrt die Anatomie-Ausstellung mit neuen Exponaten zurück: „Der Zyklus des Lebens“ gibt einen Einblick in die menschliche Entwicklung von der Zeugung bis ins hohe Alter. Das Ganze diene der gesundheitlichen Aufklärung, betonen die Veranstalter.

Im Fokus der Ausstellung steht der menschliche Körper im Kreislauf von Entstehen und Vergehen. „Wir laden jeden dazu ein, sich mit dem eigenen Körper und dem eigenen Lebensstil auseinanderzusetzen“, sagt Kuratorin Angelina Whalley, die Frau von Plastinator Gunther von Hagens. Das sei wichtig, betont die Medizinerin: „Der Kampf unseres Körpers gegen die Zeit lässt sich zwar nicht gewinnen, aber gestalten. Ich möchte zeigen, dass das Reifen ein ganz natürlicher Vorgang ist, den wir mit ein bisschen Mühe mitgestalten können.“

Die Ausstellung bietet einmalige Blicke in das menschliche Innenleben. An rund 200 Präparaten werden einzelne Organfunktionen und häufige Erkrankungen anschaulich erklärt und gezeigt, was jeder Einzelne tun kann, um seine Gesundheit möglichst lange zu bewahren. Eindrucksvoller als es vielleicht jedes Biologiebuch zu leisten vermag, vermitteln die Plastinate, was sich unter der Haut alles verbirgt: vom Knochenbau über Muskulatur und Nervensystem bis zu den Organen. Kritik an solcherart „Leichenfledderei“ wischt Philosoph und „Körperwelten“-Berater Franz Josef Wetz vom Tisch: Es sei keine Ausstellung über den Tod, sondern „eine Schau über das Leben“.

Ilona de Lamper-Seltmann und ihr Mann Henk schlendern interessiert durch die Präsentation - vorbei an einer liegenden Schwangeren, in deren Bauch ein Baby schlummert, an einem Staffelläufer, einem Gitarrenspieler in Ekstase, einem Chirurgen bei der Arbeit. Vor allem die insgesamt 20 Ganzkörperplastinate menschlicher Körper faszinieren das Stuttgarter Ehepaar. „Ich würde gern als Tänzerin dargestellt werden“, sagt die 72-Jährige lächelnd. Und meint das vollkommen ernst: Schon vor 18 Jahren haben sie und ihr Mann sich als Körperspender beim Heidelberger Institut für Plastination registrieren lassen - zwei von mittlerweile rund 16 500 Menschen. Rund 1800 Körper wurden bereits gespendet. Ohne die Freiwilligen wäre diese Ausstellung nicht möglich, räumt Whalley ein. Einen Menschen zu plastinieren, dafür benötige man etwa 1500 Arbeitsstunden. Für ein großes Tier wie das Pferd, das 2003 auf Anordnung der Stadt verhüllt werden musste, braucht es gut zwei Jahre. Jetzt ist dieses Exponat erstmals in Stuttgart öffentlich zu sehen.

„Wie könnt ihr nur?“ Anfangs sei ihnen diese Frage oft gestellt worden, erzählt Ilona de Lamper-Seltmann. „Aber es wird weniger.“ Natürlich müssten sie immer wieder erklären, warum sie aus ihrem Körper ein dauerhaft haltbares Präparat machen lassen wollen, das zur Schau gestellt wird. Und erklären dann, dass sie schon immer kein Grab wollten. Sondern lieber „einen aktiven Beitrag für die Aufklärung und Bildung zukünftiger Generationen leisten“ wollen. Für sie seien die Körperwelten „Kunst von Menschen, über Menschen, für Menschen“, sagt Ilona de Lamper-Seltmann.

Wie schon 2003 ist die Schau im sogenannten Saal 4 der Schleyerhalle zu sehen. „Damals haben in neun Tagen rund 105 000 Menschen die ‚Körperwelten‘ gesehen“, erinnert sich Andreas Kroll, Geschäftsführer der in.Stuttgart-Veranstaltungsgesellschaft. Anfangs warteten Besucher stundenlang auf Einlass, dann wurde die Ausstellung aufgrund des Andrangs sogar 24 Stunden am Tag geöffnet. „Diesmal wird der Besuch entspannter“, meint Kroll: Die Schau ist 181 Tage lang zu sehen.

„Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ ist ab heute bis 20. Mai in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle zu sehen, Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Eintritt: 13 Euro.