21.10.2016 Blumenfans kamen bei der Internationalen Orchideen & Raritätenbörse auf ihre Kosten.

 Foto: Hauenschild

Von Alexander Maier

Orchideen gelten als Königinnen unter den Blumen. Und egal, ob sie als Heilpflanzen, als kostbarer Zimmerschmuck oder als Aphrodisiakum genutzt werden - seit jeher umgibt ein besonderer Zauber diese edlen Gewächse. Botaniker kennen etwa 1000 Gattungen mit bis zu 30 000 Arten, und immer wieder werden neue entdeckt oder gezüchtet. Eine dieser Neuzüchtungen wird am Freitag bei der Eröffnung der Internationalen Esslinger Orchideentage in der Berkheimer Osterfeldhalle getauft - sie soll den Namen des Esslinger Kommunalpolitikers Richard Kramartschik tragen. Für ausgewiesene Orchideenliebhaber ist es ein besonderer Reiz, neue Arten zu züchten - was eine Wissenschaft für sich ist. Einer von denen, die diese hohe Kunst beherrschen, ist Matthias Meyer, der bei sich in Altenriet mehr als 1200 Orchideen hegt und pflegt. Einige der schönsten und rarsten Exemplare wird er nun auch in der Osterfeldhalle präsentieren.

Jede Pflanze hat ihre Geschichte

Die Liebe zu Orchideen begleiten Matthias Meyer seit 20 Jahren: „Als ich meine Frau kennengelernt habe, haben wir uns die erste Orchidee geleistet“, sagt der 44-jährige Industriekaufmann. Meyer konnte damals nicht ahnen, dass diese Pflanzen zu seiner Passion werden sollten. Im Garten hat er ein stattliches Gewächshaus gebaut, in dem sich der Besucher beinahe wie im Urwald fühlt. Hunderte Pflanzen hängen dort von der Decke, und zu jeder könnte der Vize-Vorsitzende der Landesgruppe Württemberg der Deutschen Orchideen-Gesellschaft eine Geschichte erzählen. Augenzwinkernd fügt er an: „Meine Frau gehört sicher nie zu denen, die beklagen, dass ihr Mann nicht genügend Blumen nach Hause bringt.“

Die Keimzelle seiner Sammlung - und das ist wörtlich zu nehmen - findet sich jedoch im Keller seines Hauses. Dort wachsen in Gläsern und Flaschen unzählige kleine Orchideen, die oft viele Jahre brauchen, ehe sie zum ersten Mal erblühen. „Deshalb sollte man in jungen Jahren mit der Orchideenzucht beginnen“, rät Meyer. Und man braucht Geduld, denn die Orchidee zählt nicht zu jenen Pflazen, die einem das Gefühl geben, man könne ihnen beim Wachsen zuschauen. Acht Jahre bis zur ersten Blüte sind keine Seltenheit, bei besonderen Arten kann es noch viel länger dauern.

Obwohl bereits rund 1000 Gattungen bekannt sind, sind Orchideen eine Pflanzenfamilie, deren Geheimnisse längst nicht alle gelüftet sind. „Es gibt immer noch Regionen auf der Welt, wo man Neues und Überraschendes entdecken kann“, weiß Matthias Meyer. Einfach hinfahren, eine unbekannte Pflanze entdecken und mit nach Hause nehmen kommt für Privatleute nicht in Frage - die Zollbehörden passen genau auf, dass die Naturschutzbestimmungen eingehalten werden. Natürlich können sich Orchideen-Liebhaber auch im nächsten Supermarkt bedienen, wo man bestimmte Pflanzen schon für wenig Geld bekommt. „Doch der Reiz liegt darin, selbst eine Orchidee zu züchten, die es bislang noch nicht gab“, sagt Matthias Meyer.

Peinlichste Sauberkeit ist Trumpf

Das ist leichter gesagt als getan, denn die Orchideenzucht verlangt selbst Fachleuten einiges ab. Vor allem gilt es, peinlichste Sauberkeit zu gewährleisten - die kleinste Verunreinigung kann dafür sorgen, dass sich unerwünschte Pilze im Anzuchtglas einnisten und alles zunichte machen. Matthias Meyer überlässt nichts dem Zufall, wenn er Orchideen züchtet. Die Gläser, in denen die Pflanzen keimen, müssen ausgekocht werden, das Substrat, auf dem sie wachsen, setzt er selbst an, und wenn er zwei Arten kreuzt, um eine neue entstehen zu lassen, wird dafür ein keimfreier Raum genutzt. Die Möglichkeit, Orchideen und ihre Hybriden miteinander zu kreuzen, eröffnet schier unerschöpfliche Variationen. Als neue Art gelten sie erst, wenn sie im internationalen Orchideenregister der britischen Royal Horticultural Society vermerkt und getauft sind - so wie das neue Gewächs, das ein der Orchideen-Gesellschaft verbundener Gärtner gezüchtet hat und das von morgen an den Namen Richard Kramartschik trägt.

Internationale Orchideentage in der Berkheimer Osterfeldhalle

Freunde seltener Orchideen sind am Wochenende, 21. bis 23. Oktober, in der Berkheimer Osterfeldhalle richtig. Dorthin lädt die Landesgruppe Württemberg der Deutschen Orchideen-Gesellschaft alle zwei Jahre zu den internationalen Esslinger Orchideentagen ein, die diesmal auch andere florale Raritäten präsentieren. Mitglieder der Orchideen-Gesellschaft werden ihre schönsten Stücke präsentieren, Spezialgärtnereien aus dem In- und Ausland werden Pflanzen zum Verkauf anbieten, wobei der Blick weit über die in Supermärkten zu findende Massenware hinausgeht. Selbst Orchideen-Kenner sollen fündig werden.

Die Ausstellung in Berkheim ist am Freitag und Samstag von 9 bis 18 Uhr sowie am Sonntag von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Eröffnet wird die Schau am Freitag um 10 Uhr.