Andrea Lindlohr hat den Wahlkreis Esslingen erstmals für die Grünen auf direktem Weg geholt - dafür gab’s von der Parteibasis Beifall und Blumen. Quelle: Unbekannt

Die Grünen im Wahlkreis Esslingen sorgten gestern rasch für klare Verhältnisse - Platz eins ging unangefochten an Andrea Lindlohr. Für die grüne Basis kam das gute Abschneiden im Land und vor Ort nicht überraschend. „Die Umfragen der vergangenen Wochen ließen ein gutes Ergebnis erwarten“, gab sich der Esslinger Stadtrat Helmut Müller-Werner zurückhaltend. Als jedoch bei der Wahlparty der Grünen im Café Lux die ersten Hochrechnungen über den Bildschirm flimmerten, war der Jubel riesengroß. Und alle waren sich einig, dass die Partei im Wahlkreis einen starken Wahlkampf abgeliefert hatte. Allein rund 4500 Hausbesuche wurden verbucht. Dass die Esslinger Kandidatin einen großen Anteil am überdurchschnittlichen Abschneiden ihrer Partei im Wahlkreis hatte, war für die Basis keine Frage. „Die Wähler haben Andrea Lindlohrs gute Arbeit während der letzten Legislaturperiode honoriert“, attestierte Helmut Müller-Werner. Und mancher im Café Lux dürfte bereits darüber nachgedacht haben, ob sich die Abgeordnete, die bisher Vize-Chefin ihrer Landtagsfraktion gewesen war, mit ihrem guten Ergebnis für höhere Aufgaben empfohlen hat. Solche Überlegungen ließ Lindlohr gestern Abend jedoch konsequent unkommentiert: „Heute wird erst mal gefeiert. Dann werden wir ab morgen schauen, wie die nächste Regierung aussehen wird. Über mehr will ich mir momentan keine Gedanken machen.“ Ein zentrales Thema für die kommenden Jahre haben die Grünen jedoch bereits ausgemacht: Das gute Abschneiden der AfD brachte gestern Abend einen Wermutstropfen in manchen grünen Freudenbecher. „Es ist schon sehr bedenklich, dass solch eine Partei derart viele Stimmen holt“, sprach Helmut Müller-Werner für viele seiner Parteifreunde. adi

Als Andreas Deuschle gegen 19.30 Uhr im „Stall“ das Wort ergreift und die Niederlage seiner Partei einräumt, applaudieren 60 CDU-Anhänger ihrem Kandidaten. „Er hat fünf Jahre lang engagierte Arbeit im Wahlkreis und im Landtag geleistet“, sagt ein Parteifreund aus Denkendorf. Margot Kemmler, die CDU-Vorsitzende im Stadtverband Esslingen, stimmt zu und sagt: „Er hätte es verdient, wieder in das Parlament einzuziehen.“ Nachdem Andrea Lindlohr von den Grünen schon früh als Gewinnerin des Erstmandats feststeht, ist die Sorge groß, Deuschle könnte auch bei der komplizierten Vergabe der Zweitmandate leer ausgehen. Der Kandidat selbst rechnet sich zunächst keine großen Chancen aus. Seine Anhänger wollen das Rennen dagegen nicht verloren geben. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Margot Kemmler trotzig. Sie und ihre Parteifreunde wollen ausharren, bis Gewissheit besteht, ob es für ihren Kandidaten reicht. Gegen 22.30 Uhr brandet dann Jubel auf: Im „Stall“ trifft die Information ein, dass es für Deuschle mit dem Zweitmandat doch noch geklappt hat. Jetzt strahlt auch Christa Vossschulte, die von 1989 bis 2011 stets das Direktmandat für die CDU gewonnen hat. „Einen solchen Absturz unserer Partei wie heute habe ich mir nie vorstellen können“, hatte sie nach den ersten Hochrechnungen des Abends noch geklagt. Schuldzuweisungen gab und gibt es bei ihr so wenig wie bei den Parteifreunden. Vielmehr herrscht Einigkeit, dass die Flüchtlingsfrage für die Niederlage der CDU ausschlaggebend war. Von Kritik an Kanzlerin Merkel ist aber nichts zu hören. „Wir setzen darauf, dass sie mit ihrer Linie die Probleme löst“, sagt Margot Kemmler. Auch Markus Grübel beteiligt sich an den Diskussionen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär behauptet: „Nicht die Grünen haben die Wahl gewonnen, sondern Kretschmann.“ Die Partei habe ihren Wahlkampf nicht mit Themen, sondern mit Personen geführt. Für Grübel kommt es jetzt darauf an, dass CDU, CSU, SPD und Grüne eng zusammenarbeiten, um die AfD zurückzudrängen.do

Wolfgang Drexler: Die Stimmung in der Alten Aula in Esslingen ist verhalten, SPD-Mitglieder und -Anhänger blicken gebannt auf den großen Bildschirm, wo sich langsam die Ergebnisse der Sozialdemokraten in Nord-Württemberg listen. Auf dem fünften Platz muss Wolfgang Drexler mindestens stehen, um seine Chance auf den Wiedereinzug in den Landtag zu wahren. Dann Applaus und Beifall: Der zusammen mit Winfried Kretschmann am längsten dienende Abgeordnete im baden-württembergischen Landtag hat es geschafft. Dritter Platz in Nord-Württemberg hinter Heidenheim und Neckarsulm und 6,1 Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt. Seit 1988 hat Wolfgang Drexler nun zum siebten Mal das Zweitmandat im Wahlkreis Esslingen geholt. Doch Stimmen verloren hat auch er und von Euphorie kann an diesem Abend keine Rede sein. Das katastrophale Ergebnis seiner Partei drückt auf die Stimmung und Drexler weiß, dass es nun an der Zeit ist, über alle Inhalte, aber auch über Personen zu reden. Minimalziel erreicht, durch großes persönliches Engagement, was Drexler dann wieder ein wenig versöhnt. „Immerhin“, sagt er erleichtert, „wird das von den Menschen auch registriert“. cid

Die Landtagswahl 2016 in Zahlen