Wieder stärker auf die Gemütlichkeit besinnen: Das möchten die Veranstalter des traditionellen Zwiebelfests im Jubiläumsjahr. Fotos: Bulgrin, Weber-Obrock Quelle: Unbekannt

Von Petra Weber-Obrock

„Probi:red ses“ steht in schwäbischer Lautschrift auf der Laube am Eingang zum Zwiebelfest und fasst die Intention der Festwirte in diesem Jahr gut zusammen. Der 30. Geburtstag des Fests gibt Anlass genug, um genussvoll schwäbische Lebensart auszuprobieren, sei es als mehr oder weniger deftige Spezialität rund um das Gemüse oder einfach bei einer gemütlichen Hocketse mit Freunden. Ein mehr oder weniger großes Versucherle ist also angesagt, wenn die Wirte der Lokale Palm’scher Bau, Einhorn, Zwiebel, Rosenau und Schwanen aus Esslingen, Staigers Bären aus Plochingen und Trautwein Catering aus Ostfildern zur Außenbewirtschaftung einladen. Ein kleiner Wermutstropfen in der Festherrlichkeit bedeutet für viele Esslinger allerdings die Tatsache, dass die Weinstube Eißele in diesem Jahr zum ersten Mal nicht mit dabei ist. Mit dem Vorgänger des derzeitigen Wirts, Oliver Brehmer, soll es zu geschäftlichen Unregelmäßigkeiten gekommen sein, was den Festwirten Anlass bot, auch mit der neuen Leitung nicht mehr zusammenzuarbeiten. Am Samstag präsentierte sich das Fest als touristisches Highlight, das viele Gäste von Nah und Fern anzog. Diese waren von den Querelen eher nicht tangiert.

Am Samstag um 13 Uhr ist der Marktplatz bei leicht wechselhaftem Wetter schon sehr gut belegt. Es duftet durchdringend nach Röstaromen. Die Köche und Kellnerinnen haben alle Hände voll zu tun und flitzen mit Bierkrügen sowie Tellern zwischen den Lauben und Tischen hin und her. „Wettermäßig ist es perfekt“, sagt Moritz Weiß, der vor sechs Jahren den Weinkeller Einhorn übernommen hat. „Es ist nicht zu heiß und nicht kalt, um draußen zu essen.“ Trotz der zehn Tage Dauerstress, die vor ihm liegen, freut er sich aufs Zwiebelfest. Zum Eißele will er sich lieber nicht äußern. Die Gerichte, die das Einhorn in diesem Jahr anbietet, seien „großteils mit Zwiebeln“, dem gesunden Gemüse, das dem Fest seinen Namen gegeben hat. Passend zum Motto schneidet Carina Geray derweil auf der Theke einen Zwiebelkuchen in Stücke. „Unser hausgemachter Zwiebelkuchen ist vor allem dann der Renner, wenn die warme Küche schon zu ist“, sagt sie.

Auf zwei Festlesbänken hat es sich eine Wandergruppe aus Winnenden bequem gemacht und die Walking-stöcke unter dem Tisch verstaut. „Wir sind 22 Kilometer auf dem Jacobsweg gelaufen“, erklärt Tara Winter. Den Termin habe man lange vorher auf das zeitgleich stattfindende Zwiebelfest abgestimmt. Zurück geht es nach der gemütlichen Einkehr allerdings mit der S-Bahn.

Auf Schweinsbraten mit Knödeln freuen sich derweil Karl-Heinz und Ruth Weidig aus Mettlach im Saarland. „Wir besuchen gerade unsere Tochter in Neuhausen, waren zusammen einkaufen und haben dann das Fest eher zufällig entdeckt“, sagt Karl-Heinz Weidig. „Es ist doch wunderbar, dass wir hier so gut essen können.“

Für eine gut gelaunte, grauhaarige Damenrunde aus Esslingen gehört der Besuch des Zwiebelfests alljährlich zum guten Ton. „Das Wetter soll halten“, sagen die Damen zuversichtlich. Angesprochen aufs Eißele schütteln sie entrüstet den Kopf. „Das können wir nicht begreifen“, sagt eine der Frauen. „Die Weinstube war gut und hat viele Leute angezogen.“ Sie fragt verschwörerisch: „Ob man sie wohl der Konkurrenz wegen ausgebootet hat?“

Solche Verdächtigungen will Frank Jehle, seines Zeichens Wirt vom Palm’schen Bau und Vorsitzender der Festwirte GmbH, nicht auf sich sitzen lassen. „Die Würfel sind gefallen“, sagt er. Von einem Rauswurf könne keine Rede sein, denn schließlich sei der neue Wirt des Eißele, Oliver Brehmer, noch nie ein Mitglied des Gremiums gewesen, das zu Siebt diese Entscheidung gefällt habe. Zufrieden schaut er dann auf die gefüllten Tische der Laube „Palm’scher Bau.“ „Die Regionalität steht in diesem Jahr im Vordergrund.“ Das bedeutet nicht nur, dass man heimisches Gemüse und Fleisch anbietet, sondern sich auch pünktlich zum runden Geburtstag wieder stärker auf schwäbische Gemütlichkeit besinnen will.

Katrin und Timo Müller besuchen mit ihrer wachsenden Familie jedes Jahr das Zwiebelfest. „Mittlerweile sind es drei Mädels“, sagt Timo Müller stolz und deutet auf den Zwillingskinderwagen, in dem die beiden jüngsten Familienmitglieder den Festbesuch zufrieden verschlafen. „Wir sind des guten Essens wegen gekommen“, sagt Katrin Müller. Zur Weinstube Eißele hätten sie keinen persönlichen Bezug.

Gerd Trautwein sowie seine beiden Söhne Maximilian und Ferdinand stehen gemeinsam am Herd in der Laube von „Trautwein Catering“. „Wir wünschen uns gutes Wetter und fröhliche Gäste, aber die haben wir sowieso“, sagt der Chef. In diesem Jahr ist er besonders stolz auf den Rotwein aus der Traube „Syrah“ vom Esslinger Schönenberg, der von den Esslinger Weingärtnern ausgebaut und „Trautwein“ Catering“ exklusiv überlassen wurde. Er empfiehlt ihn zu einem Rinderfilet aus Stauferfleisch mit frischen Pfifferlingen oder zu einem Stauferiko - Schinken als Vorspeise.

Überall auf dem Fest hört man derweil Leute auf Englisch und Französisch parlieren. An einem der langen Tische hat eine Gruppe junger Leute Platz genommen, die miteinander Englisch sprechen. Es sind italienische Gäste von Tomas Gasdos, der aus der Slowakei stammt. „Wir wollten unseren Freunden nur Esslingen zeigen“, sagt er. Zur pittoresken Altstadt kam dann die ebenso ursprünglich anmutende Hocketse auf dem Marktplatz. „Das ist ein Zwiebelfest hier?“ Überrascht schaut er sich um. „Aha!“

„Ich besuche das Zwiebelfest sehr oft, weil es hier so schön ist“, sagt Ibolya Veiel aus Fellbach. Mit der S-Bahn brauche man zwar 45 Minuten, die Zeit sei ihr das gute Essen aber wert.