Ungewöhnlicher Anblick auf der Alb: Die Zwergzebus stammen eigentlich aus Sri Lanka. Quelle: Unbekannt

Eigentlich gehören diese Rinder mit dem kleinen Höcker und den nur leicht gebogenen Hörnern nach Sri Lanka. Aber seit einigen Jahren grasen die anspruchslosen Zwergzebus auch auf der Schwäbischen Alb. Mit zehn Rindern hat Metzger Karl-Heinz Mutschler aus Zainingen im Jahr 2010 die Zucht begonnen. Inzwischen leben etwa 80 der Kleinrinder in einem Wald bei Hayingen. Ihr fein gemasertes Fleisch gilt als Delikatesse.

Karl-Heinz Mutschler gehört zu den findigen Älblern, die früh erkannt haben, dass das Prädikat „Biosphärengebiet Schwäbische Alb“ neue Vermarktungschancen bietet. Zunächst eröffnete er in Zainingen ein „Biosphärenlädle“. Über dieses Projekt ist er auf die Idee gekommen, auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen Zwergzebus als Weidetiere einzusetzen. Ähnlich wie Ziegen fressen sie auch Gestrüpp, aber keine Bäume. Das leichte Rind hinterlässt keine größeren Trittschäden. Wildrind ist allerdings keine inhaltslose Bezeichnung, warnt Mutschler. „Die greifen an und werden richtig wild. Wenn sie sich bedroht fühlen, senken die starken Tiere den Kopf mit den Hörnern, und sind bereit zum Angriff. Alte und junge Tiere verstecken sich hinter ihnen.“

Für die Herde, die nun in einem eingezäunten Waldstück lebt, ist der Landwirt Anton Ranz verantwortlich. Groß kümmern muss er sich nicht um die unkomplizierten Tiere. Sie sind sommers wie winters draußen, brauchen keine Hilfe bei der Geburt und benötigen keine Impfungen. Weil sie so krankheitsresistent sind, fließt heute aufgrund von Züchtungen in jeder Rinderrasse etwas Zebu-Blut. Um die Urviecher einzufangen, lockt Landwirt Ranz sie mit Äpfeln oder Tresterspuren aus dem Wald. „Man braucht aber auch Glück“, sagt Metzger Mutschler, „ich kann nicht sagen, morgen schlachte ich eines.“

Der Zaininger Metzger und Gastwirt hat das cholesterinarme und extrem magere Zebundufleisch anfangs in der Stuttgarter Markthalle vermarktet, hat dies nach der Trennung von seinem Kompagnon aber wieder aufgegeben. Außerdem seien Hobbyköche mit der Zubereitung des mageren Fleisches leicht überfordert, meint der Metzger und Gastwirt. Wer es wie einen Rostbraten in der Pfanne bruzzeln will, der kriegt ein Stück zäh wie Leder. Man muss es eher wie Wild oder Rehrücken behandeln.

Manche Stuttgarter Kunden schätzen aber immer noch das besondere Fleisch und finden auch den längeren Weg auf die Alb hinauf. Mutschler beliefert vor allem Feinkostläden und Restaurants, die etwas Ungewöhnliches anbieten wollen. Ein Münchner Feinkostgeschäft hat beispielsweise auf der Meisterfeier der Bayern-Kicker Zebundu serviert.

In Mutschlers eigener Gaststätte, dem Zaininger „Engel“, muss man jedoch Glück haben, wenn man essen will. Er findet gerade keinen Koch, der auf die Alb will. Nur wenn seine Tante Sylvia Zeit hat, und nicht auf die Enkel aufpassen muss, läuft was in der Küche.

„Mir macht es Spaß, etwas Neues auszuprobieren“, sagt der 42-jährige Metzger, der auch vier Sorten vegetarische Wurst anbietet. Der ideenreiche Älbler hat zudem angefangen, eine neue Schweinerasse zu züchten. Als Biosphären-Gastgeber hat er zunächst versucht, ein Alblinsen-Schwein anzubieten, das wie früher gefüttert wird. Er ließ Duroc-Schweine, eine robuste Rasse aus den USA, mit Linsenschrot und Kartoffeln mästen. Doch der Aufwand war groß, und der doppelte Preis dem Verbraucher nicht zu vermitteln. „Also musste eine andere Rasse her“, sagt der Metzgereibesitzer.

Bei einem Landwirt in Deppenhausen hat er das Deutsche Sattelschwein entdeckt, quasi ein Urschwein auf dem Zuchtstand von 1900. In ganz Deutschland gibt es nur noch etwa 200 Muttertiere dieser Rasse. Der Nachteil: Der Fettanteil ist zu hoch. Deshalb ließ Mutschler in das Sattelschwein vor drei Jahren das widerstandsfähige Duroc einkreuzen, das einem Wildschwein ähnelt. „Hat einwandfrei funktioniert“, ist der Metzger zufrieden. Er erhalte jetzt ein dunkelrotes Fleisch mit intramuskulärem Fett und „extrem gutem Aroma“. Marketinggerecht nennt Mutschler das Tier Biosphären-Schwein, in Einkaufsmärkten läuft es auch unter der Bezeichnung „Porcinusa“.

Auf dem Schirmerhof von Guido Renz in Deppenhausen werden die Schweine mit eiweißreichen Erbsen und Bohnen aus eigenem Anbau gefüttert, auch genfreies deutsches Soja vom Bodenseeraum landet in den Trögen. Die neue Rasse braucht etwa zwei Monate länger als die üblichen Mastschweine, um das Schlachtgewicht von etwa 120 Kilo zu erreichen. „Das Fleisch reift dadurch besser“, meint Mutschler. Längere Aufzucht und weniger Masse schlagen sich im Preis für das Biosphären-Schweinefleisch nieder. 15 bis 20 Tiere schlachtet Mutschler in der Woche. Mit dem Fleisch beliefert er Edeka in Filderstadt sowie einige Gourmetgeschäfte. Auch online vertreibt der rührige Alb-Metzger einen Teil seiner Produkte.

80 Prozent des Umsatzes macht er mit Dosenwurst - Schwein und Wildrind. Die Dosen stehen auch in den Regalen von Edeka, Rewe und Marktkauf. Er produziere ohne Glutamat, ohne Gluten, ohne Lactose und Phosphat, sagt Mutschler und schwärmt vom Griebenschmalz aus Biosphären-Schwein: „Extrem gut, das lassen sich auch drei Sterneköche liefern.“