Schlagfertigkeit lässt sich lernen. Foto: Westend61/Zerocreatives

(tmn) – „Wie wird man eigentlich so arrogant?“ „Viel Übung, so ein zwei Stunden am Tag nehm’ ich mir schon dafür.“ Fans von „Doctor’s Diary“ lieben die TV-Serie für solche Wortgefechte. Und viele Arbeitnehmer wünschen sich, in unangenehmen Situationen im Job ähnlich schnell und witzig reagieren zu können. Kein Wunder, dass sich im Netz unzählige Patentrezepte dafür finden – von Seminaren bis zu Sprüchesammlungen auf CD.
Matthias Nöllke sieht das eher kritisch. Dabei sei der Wunsch nach mehr Schlagfertigkeit durchaus berechtigt, sagt der Experte. Schließlich habe es durchaus berufliche Konsequenzen, wenn man keine hat. „Wenn ich nicht schlagfertig reagiere, verliere ich an Souveränität und Würde, damit geht mein Selbstbewusstsein in den Keller“, erklärt Nöllke, der mehrere Bücher zu Kommunikation im Job geschrieben hat. „Und das hat Auswirkungen auf mein Auftreten.“
Den Begriff definiert der Experte so: „Schlagfertigkeit bedeutet, in einer Situation, in der meine Souveränität bedroht ist, diese wiederherzustellen.“ Dafür braucht es nicht immer einen Witz. Denn den einen Spruch, der eine blöde Situation sofort auflöst, gibt es selten. „Es hilft aber meistens, irgendetwas zu sagen“, erklärt Nöllke. „Selbst wenn man mit einem „Dazu fällt mir nichts ein“ die eigene Sprachlosigkeit thematisiert, ist das besser als Schweigen.“
Für Nöllke gibt es zwei typische Situationen, in denen Schlagfertigkeit gefragt ist: Bei Missgeschicken und anderen peinlichen Momenten kann ein schneller Witz, vielleicht mit etwas Selbstironie, eine große Hilfe sein. Gleiches gilt, wenn man vom Chef oder vom Kollegen angegriffen wird. Hier hängt die richtige Reaktion allerdings stark vom Einzelfall ab. „Berechtigte Kritik sollte ich erst einmal annehmen“, rät der Autor. „Ein Spruch wirkt dann schnell patzig und eher unsouverän.“
Anders liegt der Fall, wenn die Kritik unberechtigt ist. In solchen Fällen sollten Arbeitnehmer sich ruhig wehren, sagt Nöllke. Die Schärfe der Reaktion muss dabei aber zur Schärfe des Angriffs passen. Wird die Grenze des guten Tons eindeutig überschritten, sollte der Angegriffene das deutlich sagen. Wenn ein Spruch die Grenze zur Beleidigung überschreitet, hört der Spaß auf. Das sei dann sogar strafrechtlich relevant, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür. Sie ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. Beleidigungen sind laut Gesetz entweder Kraftausdrücke oder die sogenannte Schmähkritik. „Davon spricht man, wenn die Formulierung nichts mehr mit der Kritik an sich zu tun hat, sondern nur der Herabsetzung dient“, erläutert Oberthür.
Genauso tabu sind alle Formen von Sexismus und Diskriminierung. Auch harmlosere Sprüche können aber rechtliche Konsequenzen haben. „Alles, was den Betriebsfrieden stört, ist arbeitsrechtlich untersagt“, sagt die Anwältin.