„Nicht immer ist der Weg über das Abitur oder Studium der richtige, um Erfüllung im Leben zu finden. Bei unserer durchlässigen Schullandschaft ist überhaupt nichts verloren, wenn man zunächst eine Ausbildung absolviert“, sagt Heinz Eininger (Zweiter von links). Er ist Landrat und der Schirmherr der Messe „Karriere 2016“. Fotos: Bulgrin, Eisenhardt (6) Quelle: Unbekannt

Welcher Beruf passt zu mir und welche Voraussetzungen muss ich dafür mitbringen? Antworten auf diese Fragen bekamen zahlreiche Schüler und ihre Eltern am Samstag bei den 50 Ausstellern auf der Aus- und Weiterbildungsmesse „Karriere 2016“ im Neckar Forum. Zum achten Mal wurde die Messe von der Eßlinger Zeitung in Kooperation mit der Agentur für Arbeit, der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Kreishandwerkerschaft und der Südwestmetall veranstaltet.

Von Katja Eisenhardt
Carolin Burkert und Laura Gleißner gehen nach dem Realschulabschluss derzeit auf ein berufliches Gymnasium, überlegen aber nun, doch direkt eine Ausbildung zu beginnen. Auf der „Karriere 2016“ haben sich die beiden Schülerinnen dafür Anregungen und Tipps geholt. „Wir haben festgestellt, dass wir erst einmal genug von der Schule haben und lieber in die Praxis möchten“, sagten die beiden. Laura möchte gern einen Beruf erlernen, in dem sie mit Kindern zu tun hat, in den Osterferien hat sich die 17-Jährige für ein Praktikum als Arzthelferin in einer Kinderarztpraxis angemeldet. Die 16-jährige Carolin könnte sich eine Ausbildung zur Physiotherapeutin oder auch zur Erzieherin vorstellen. „Ich habe mich noch nicht festgelegt, möchte aber auf jeden Fall mit Menschen arbeiten.“

Paul Appenmaier ist 14 Jahre alt und informierte sich mit seinem Vater auf der Ausbildungsmesse über Handwerksberufe im Allgemeinen. „Er geht momentan in die achte Klasse. Im November steht ein einwöchiges Betriebspraktikum an, daher ist die Messe für uns als erste Orientierung gut“, erklärte Markus Appenmaier. Der direkte Kontakt zu den unterschiedlichen Unternehmen sei praktisch, „für uns wären noch ein wenig mehr Industriebetriebe interessant gewesen“.

Wichtiger Baustein im Kreis

Die Ausbildungsmesse ins Leben zu rufen sei ein weiterer wichtiger Baustein für die Berufsorientierung im Kreis gewesen, betonte Landrat und Schirmherr Heinz Eininger. Gute Nachwuchskräfte im Handwerk, in der Industrie und im Handel seien notwendig. „Nicht immer ist der Weg über das Abitur oder Studium der richtige, um Erfüllung im Leben zu finden. Bei unserer durchlässigen Schullandschaft ist überhaupt nichts verloren, wenn man zunächst eine Ausbildung absolviert.“ Für die hiesige Wirtschaft sei es von zentraler Bedeutung, leistungsfähige Leute zu finden, die einmal Verantwortung in den Betrieben und öffentlichen Verwaltungen übernehmen können.

Gerade auch im öffentlichen Dienst gebe es aktuell viele freie Stellen. „Wenn es in der privaten Wirtschaft gut läuft, tun wir uns schwer, genügend Auszubildende zu finden. Hier spielt die Vergütung eine entscheidende Rolle. Dabei gäbe es in den Verwaltungen zahlreiche interessante und vielseitige Berufsfelder“, betonte der Landrat. „Wir kämpfen daher aktuell darum, von der Vergütung her attraktiver zu werden.“ Insgesamt gelte es, die Zukunftschancen für die jungen Leute weiterzuentwickeln. 

Der EZ-Chefredakteur Gerd Schneider betonte, bei der Fülle an Ausbildungsangeboten sei es für den Nachwuchs oft schwierig, sich zu orientieren. „Wir dürfen die Jugendlichen hier nicht alleine lassen.“ Umso positiver sei es, dass sich so viele unterschiedliche Fachbereiche und Institutionen an der Ausbildungsmesse beteiligen. Markus Knorpp, Teamleiter in der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Esslingen, kennt das Problem der vereinzelten „Trendberufe“ aus der täglichen Arbeit: „Es gibt etwa zehn Wunschberufe, die in jedem Jahr wieder nachgefragt werden - darunter etwa der Bankkaufmann oder Industriemechaniker.“ 

Auf Berufsfelder aufmerksam machen

Andere Ausbildungsberufe seien bei den Jugendlichen dagegen überhaupt nicht im Kopf oder würden von den Anforderungen und Möglichkeiten falsch eingeschätzt. „Die Messe kann hier dazu beitragen, auch auf diese Berufsfelder aufmerksam zu machen. Zudem kann man sich aus erster Hand bei aktuellen Azubis informieren.“ Derweil sei es ein Irrglaube, man habe bei schlechteren Noten im Zeugnis ohnehin keine Chance: „Es gibt zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten. Wenn die Leistungsbereitschaft da ist, dann findet man auch einen Ausbildungsplatz.“ Das kann Kreishandwerksmeister Karl Boßler bestätigen: „Viele Betriebe suchen händeringend nach guten Auszubildenden. Das duale System - also der Mix aus Theorie und Praxis - spielt hier eine wichtige Rolle.“ Es sei oft nicht bekannt, welche vielseitigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten die handwerklichen Berufe mit sich bringen. Die Messe biete diesbezüglich eine gute Gelegenheit, sich umfassend zu informieren, sagte Boßler. „Wer eine Ausbildung beginnt, muss ein Ziel vor Augen haben, dann findet sich auch etwas Passendes.“

Heinrich Baumann, Präsident der IHK Esslingen-Nürtingen, sieht in der dualen Ausbildung das „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“. Man dürfe sich nicht von Studien ins Bockshorn jagen lassen, die behaupten, es gebe hierzulande zu wenig Hochschulabsolventen. „Man muss den jungen Leuten immer wieder die verschiedenen Ausbildungswege aufzeigen, die praktischen Aspekte hervorheben.“ Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sieht Dieter Hummel von Südwestmetall Neckar-Fils Handlungsbedarf, um auch künftig Nachwuchskräfte in der Metall- und Elektroindustrie zu haben. „Gerade für die kleineren Unternehmen ist es oft schwierig, geeignete Auszubildende zu bekommen.“