Simone von Stosch berät Führungskräfte. Foto: Simone von Stosch

Mancher treibt seine Karriere ehrgeizig voran. Doch Hartnäckigkeit führt nicht immer ans Ziel. Warum Loslassen die bessere Alternative sein kann, erklärt Simone von Stosch, die als Coach arbeitet.


Wer etwas erreichen will, muss sein Ziel verfolgen. Sie sagen, um Ziele zu erreichen, sei es wichtig, sie loszulassen. Warum das?

von Stosch: Wer zu viel will, übt Druck aus. Unbewusst halten wir von solchen Menschen Abstand. Man erreicht oft mit zu viel Druck das Gegenteil. Häufig ist es besser, gelassener ranzugehen.


Können Sie Beispiele für das Berufsleben geben?

von Stosch: Zum Beispiel bei Karriereschritten oder wenn es darum geht, einen Chefposten haben zu wollen. Dann ist es eben nicht gut, sehr stark zu insistieren. Es ist viel besser, zu zeigen, was man kann und Kompetenz durch sein Selbstverständnis und souveränes Auftreten zu präsentieren.


Wie sieht zu viel Druck konkret aus?

von Stosch: Das sieht man den Menschen an und spürt es. Und wir merken es an uns selber, wenn wir ständig unter Druck agieren und nicht aus Gelassenheit heraus. Symptome sind etwa, dass man immer wieder grübelt und die Gedanken um dasselbe kreisen. Es ist schlecht, sich an Vorstellungen abzuarbeiten: Was muss ich erreichen? Was wird von mir verlangt? Sieht mein Chef, wie gut ich bin? Sind andere besser? Das führt auf Dauer zu Erschöpfungszuständen.


Loslassen klingt nach Aufgeben.
von Stosch: Ich würde sagen, Loslassen ist das Gegenteil. Loslassen heißt: Ich kenne meine Ziele und weiß, was ich will. Diese Klarheit ist die Voraussetzung dafür, gelassen sein zu können. Und natürlich heißt es nicht, dass man keine Ziele mehr haben soll. Es heißt nur, sie nicht mit ganz so viel Angespanntheit zu verfolgen. Auch da wo sich Widerstände immer wieder auftun, sollte man manchmal einfach den Weg loslassen. Es bringt nichts, ständig das Gleiche zu machen, wenn man immerzu an einen Widerstand stößt.


Ist jemand träge und ambitionslos, führt das eher in die Lethargie.
von Stosch: Hinter der Lethargie steckt auch etwas, was losgelassen werden müsste. Dahinter steht oft der Grundsatz: Ich schaffe das eh nicht. Menschen, die dazu neigen, müssten diese Glaubenssätze loslassen. Die Hirnforschung zeigt: Wir werden nicht dann besonders gut, wenn wir uns extrem anstrengen, sondern wenn wir uns wie Kinder einer Sache hingeben und ganz in dem Moment sind.


Wie lässt man los?
von Stosch: Es ist ein Vergegenwärtigen: Jetzt bin ich wieder ganz schön angespannt und will mit dem Kopf durch die Wand. Dann hilft Gelassenheit, zu lächeln und zu sagen: ,Ach komm’, vertrau’ mal. Das wird schon!‘ Natürlich müssen wir auch an Dingen dranbleiben. Ganz klar. Wichtig ist, den Unterschied herauszufinden: Ist es eine Konvention, der ich entspreche oder ist es die Sache selbst? Ist es mein Weg?

Zur Person
Simone von Stosch arbeitet als Coach und berät Führungskräfte. Außerdem ist sie TV-Moderatorin und hat zehn Jahre die Tagesschau moderiert sowie das Politikmagazin Klartext vom RBB.

Die Fragen stellte Kristin Kruthaup.