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Esslingen/Stuttgart - Zwangsversteigerungen sind ein spezielles Gebiet auf dem Immobilienmarkt, das aber einer näheren Beschäftigung lohnt, wie der Stuttgarter Immobilienanwalt Oliver Haustein sagt. Das Glück des Tüchtigen spiele durchaus eine Rolle, wenn es um günstigen Immobilienerwerb geht.

Sind Zwangsversteigerungen bei Anlegern beliebt?

Haustein: Zwangsversteigerungen sind schon seit längerem ein beliebtes Mittel für Anleger, der für sie unliebsamen europäischen Zinspolitik einigermaßen aus dem Weg zu gehen und trotzdem Vermögen zu bilden oder zu mehren.

Haben sich die Preise bei Zwangsversteigerungen an den Immobilienmarkt angeglichen?

Haustein: Klar! Eine Steigerung der Nachfrage erhöht selbstverständlich die Preise, so dass die Zeiten der „Superschnäppchen“ der Vergangenheit angehören. Gleichwohl ist nach wie vor ein günstiger Hauskauf möglich, wenn man sich die Mühe macht, Zwangsversteigerungstermine zu besuchen. Da bedarf es mehr oder weniger des Glücks des Tüchtigen.

Wer interessiert sich für Zwangsversteigerungen?

Haustein: Früher, also in den Zeiten vor dem Internet, waren es in erster Linie Firmen, die sich mit Immobilieninvestments professionell beschäftigten, die ihre Bieter in Zwangsversteigerungstermine schickten. Heute, in Zeiten, in denen sich jeder Interessierte durch zwei Klicks - beispielsweise auf „zwangsversteigerung.de“ - ohne großen Aufwand einen Überblick über die laufenden Verfahren verschaffen kann, nutzen diese Möglichkeit zunehmend auch private Anleger und Selbstnutzer.

Werden Zwangsversteigerungen von potenziellen Käufern eher gezielt nach Art des Objektes gesucht, oder gelten Zwangsversteigerungen Anlegern ganz allgemein als Möglichkeit, günstig an Grundstücke oder Immobilien zu kommen?

Haustein: Beides. Wobei freilich bei denjenigen, die die zu erwerbende Immobilie selbst nutzen möchten, die Lage eine größere Rolle spielen dürfte.

Welche Fallstricke können dabei auf Käufer lauern?

Haustein: Zunächst einmal natürlich die, die ein Immobilienerwerb immer in sich birgt, wie etwa die Abhängigkeit von der künftigen Zinspolitik bei der Anschlussfinanzierung. Spezielle Fallstricke bei der Zwangsversteigerung liegen darin, dass naturgemäß die Informationsbereitschaft des Schuldners, der seines Eigentums verlustig zu gehen droht, sehr niedrig angesiedelt ist. Die detaillierten Kenntnisse über den tatsächlichen Zustand der Immobilie, für die man den Zuschlag begehrt, sind vor dem Zwangsversteigerungstermin oft rudimentär, was gerade im Bereich Mängel gewisse Risiken in sich birgt.

Was sollte darüber hinaus bedacht werden?

Haustein: Potenzielle Käufer sollten beim Erwerb als Kapitalanlage an Mieter denken, die aufhören könnten Miete zu zahlen, und die dann womöglich, wenn anwaltlich gut beraten, über sämtliche Instanzen „rausgeklagt“ werden müssen. Im schlimmsten Fall zahlen sie in dieser Zeit nicht einen Cent Miete.

Was ist, wenn Anleger eine Immobilie mit bestehendem Mietverhältnis kaufen, sie aber selbst nutzen möchten?

Haustein: Paragraf 57 a ZVG gibt zwar ein Sonderkündigungsrecht, das eine schnellere Kündigung des Mieters erlaubt. Aber um dann in einem Räumungsprozess erfolgreich zu sein, muss der Käufer ein berechtigtes Interesse nachweisen, etwa Eigenbedarf. Demjenigen, der eine Immobilie in Kenntnis der Vermietungssituation zum Selbsteinzug ersteigert, könnte von Mieterseite aber vorgeworfen werden, den Eigenbedarf selbst geschaffen zu haben. Ein Einwand, den ich persönlich für rechtserheblich halte.

Das Interview führte Katja Köhler.