Von Britta Schmeis

Esslingen - Kein Monat vergeht, ohne dass ein Superheld die Welt im Kino retten muss. Erst kürzlich waren es Superman und Batman, wenig später trat Captain America erneut in Erscheinung, dann kam Deadpool zwar als Satire, aber immerhin als Marvel-Figur. Nun müssen wieder die X-Men auf den Plan treten, um die Franchising-Maschinerie anzukurbeln. „X-Men: Apocalypse“ heißt das knapp zweieinhalbstündige Epos, in dem erneut Bryan Singer Regie führte.

Der mächtigste, älteste und ehrwürdige Supermutant Apocalypse (Oscar Isaac) ist nach tausenden von Jahren erwacht und mag gar nicht, was er auf der Erde sieht. Also will er eine neue Weltordnung schaffen und sammelt zu seiner Unterstützung in der ganzen Welt Mutanten mit den unterschiedlichsten Begabungen ein. Da ist zuallererst Magneto alias Erik Lehnsherr (Michael Fassbender), der lange Jahre versucht hat, in Polen ein normales Leben zu führen - bis seine besonderen Fähigkeiten entdeckt werden und er Frau und Kind auf tragische Weise verliert. Schmerz und Verzweiflung waren schon immer seine größten Antreiber. Also bringt Apocalypse ihn nach Auschwitz, - den Ort, an dem ihm einst seine Familie genommen wurde. Danach steht fest: Magneto will gegen die Menschheit, die ihm so viel Leid angetan hat, kämpfen. Und dann sind da noch die junge verwaiste Ägypterin (Alexandra Shipp), die kämpferische Psylocke (Olivia Munn) und der beflügelte Außenseiter Angel (Ben Hardy), die Apocalypse in sein Team holt. Das alles ist angesiedelt in einer düsteren Welt.

Auf der anderen Seite des Ozeans versammelt Professor Charles Xavier (James McAvoy) in seinem Internat ebenfalls eine Schar von Mutanten, um die Menschheit zu bewahren. Da sind Cyclops (Tye Sheridan), der mit seinen feuerspeienden Blicken Bäume, Städte, Menschen vernichten kann. Da sind die telekinetisch und telepathisch begabte Jean Grey (Sophie Turner), der blaue Nightcrawler (Kodi Smit-McPhee), der schlaue, starke Hank McCoy (Nicholas Hoult), die CIA-Agentin Moira MacTaggert (Rose Byrne) und natürlich Mystique (Jennifer Lawrence).

Bei so viel Personal, zu dem noch weiteres hinzukommt, kann man schon mal den Überblick verlieren. Darin liegt eine Schwäche dieses Actionspektakels: Die Figuren entwickeln sich nicht, erlangen keine Tiefe, von großen Emotionen ganz zu schweigen. Wer der wahre Held ist, muss jeder selbst entscheiden, was die Massenkompatibilität drastisch erhöht. Die Actionszenen holen alles aus der 3D-Technik heraus, aber das scheint auch schon die einzige Motivation zu sein. Überraschungen oder gar Spannung bieten sie nicht. Der hintergründige Witz, die Intelligenz anderer „X-Men“-Filme blitzen nur selten auf. So ist „X-Men: Apocalypse“ vor allem eines: eine endlose Aneinanderreihung von Actionszenen in 3D. Das ist nicht nur langweilig, sondern auch ärgerlich. Mal schauen, was sich die Marvel-Merchandising-Maschinerie als nächstes ausdenkt. Fürs kommende Jahr ist der dritte Wolverine-Film angekündigt. Aber vielleicht kommt ihm ja ein anderer Superheld zuvor, der die Welt rettet.

In seinem vierten „X-Men“-Film lässt Regisseur Bryan Singer seine Superhelden in den 80er-Jahren die Welt retten - mit dem üblichen Personal. Spannend ist das nur selten.