Veränderung fängt im Kleinen an: Auch wenn ihre Liebe unter keinem guten Stern zu stehen scheint, kämpfen Ruth (Rosamund Pike) und Seretse (David Oyelowo) gegen alle Widerstände für ihr Glück. Foto: Alamode Film Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Esslingen - „Ich habe gelernt, dass der Weg des Fortschritts weder kurz noch unbeschwerlich ist“, hat Marie Curie einmal gesagt. Und die erfolgreiche Wissenschaftlerin, die als Maria Sklodowska geboren wurde und später als erste Frau den Nobelpreis gewann, hat stets nach diesem Grundsatz gelebt. Sie war Physikerin und Chemikerin, manche sahen in ihr die genialste Wissenschaftlerin ihrer Zeit, und was sie über Radioaktivität erforscht hat, prägt bis heute unser Leben. Viel wurde über die Wissenschaftlerin Marie Curie geschrieben, der Mensch wurde darüber oft vergessen. Nun wirft die Regisseurin Marie Noëlle mit ihrem Film „Marie Curie“ einen sehr persönlichen Blick auf das Leben dieser außergewöhnlichen Frau.

Die Höhen und Tiefen des Lebens liegen bisweilen dicht beieinander: Als die Wissenschaftlerin Marie Curie (Karolina Gruszka) 1903 als erste Frau überhaupt gemeinsam mit ihrem Ehemann Pierre (Charles Berling) den Nobelpreis für Physik erhält, scheint sie am Ziel all ihrer Träume. Doch das Schicksal hält nicht nur Gutes für sie bereit: Nur wenig später verlieren Marie und ihre beiden Kinder den Ehemann und Vater Pierre durch einen tragischen Unfall. Anfangs glaubt die junge Wissenschaftlerin, dass sie ohne den Mann an ihrer Seite nie und nimmer so erfolgreich weiterarbeiten kann. Doch bald wird ihr etwas bewusst, das schließlich zu ihrer Lebensmaxime werden soll: „Man muss an seine Berufung glauben und alles daransetzen, sein Ziel zu erreichen.“

Vernunft und Leidenschaft im Konflikt

Marie Curie hat große Ziele, und die verliert sie nie mehr aus den Augen. Obwohl sie in einer von Männern dominierten Welt immer wieder mit Ablehnung und Geringschätzung bedacht wird, setzt sie die Forschungen, die sie mit Pierre begonnen hatte, unverdrossen fort und bekommt als erste Frau einen Lehrstuhl an der Pariser Sorbonne. Doch dann verliebt sie sich nach einer langen Zeit der Trauer in den verheirateten Wissenschaftler Paul Langevin (Arieh Worthalter) - die Affäre der beiden gerät zum handfesten Skandal: Just in dem Moment, als sie ihren zweiten Nobelpreis erhalten und in die ehrwürdige Académie des Sciences aufgenommen werden soll, wird sie von der französischen Presse auf Betreiben von Pauls Ehefrau als Ehebrecherin beschimpft. Und in der harten Schule des Lebens wird Marie bewusst, dass Vernunft und Leidenschaft nur schwer miteinander vereinbar sein können.

Marie Noëlles Film konzentriert sich auf die Zeit zwischen der Verleihung der beiden Nobelpreise, die für Marie Curie zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle werden sollte. Denn sie war eben nicht nur die geniale Forscherin, von deren Erkenntnissen die Welt bis heute profitiert - sie war auch ein Mensch aus Fleisch und Blut, mit all seinen Wünschen, Hoffnungen und Bedürfnissen. „Ich dachte eigentlich, ich wüsste alles über Marie Curie, aber von ihrer Liaison mit Paul Langevin hatte ich noch nie etwas gehört“, gibt die Regisseurin gerne zu. „Ihr Arbeitsethos, ihr Wertekompass, ihre konsequente Weigerung, ihre wissenschaftlichen Entdeckungen kommerziell auszuschlachten - all das hat mir stets großen Respekt eingeflößt.“ Und nun musste Noëlle erfahren, dass diese durch und durch integre Frau als Hure und Ehebrecherin gebrandmarkt wurde, während ihr Liebhaber mit solchen Vorwürfen nicht behelligt wurde. Um diesem Aspekt in Marie Curies Biografie endlich die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, hat Marie Noëlle diesen Film gedreht. Sie zeigt, was es für Frauen damals hieß, sich in der Männerwelt der Wissenschaft ihren gebührenden Platz zu erobern. Und sie erweist allen Frauen, die wie Marie Curie beherzt ihren Weg gingen, die Ehre.

Historisch verlässlich, atmosphärisch dicht, stimmungsvoll bebildert und stark besetzt erzählt Marie Noëlles Filmbiografie „Marie Curie“ die Geschichte einer Frau, die nicht nur geniale Wissenschaftlerin, sondern auch ein Mensch mit all seinen Gefühlen war. Und die ihre Träume gelebt hat.