Magischer Anziehungspunkt: Das historische Michelstädter Rathaus aus dem Jahre 1484. Fotos: Panitz Quelle: Unbekannt

Von Jakob Panitz

Es gibt nicht sehr viele Städte, die auf eine mindestens 1250-jährige Geschichte verweisen können. Michelstadt kann‘s! Hier - „Im Herzen des Odenwaldes“ - treffen Besucher auf ein mittelalterliches Flair, das fast mit jenem von Rothenburg ob der Tauber mithalten kann. Die Michelstädter können stolz sein auf das Ambiente ihrer Stadt. Und sie sind es auch. Umso mehr engagierte sich ein Großteil der 16 000 Einwohner, als sich vor rund zehn Jahren eine Fusion mit dem nahen, fast gleich großen Erbach anbahnte.

Die Wogen gingen hoch

Es war schon schlimm genug, dass die Michelstädter mit dem Kennzeichen ERB für Erbach herumfahren müssen. Und jetzt auch noch die Befürchtung, dass aus Michelstadt Michelbach werden könnte, oder der Michel gar ganz verschwinden könnte, wenn es etwa plötzlich Erstadt heißt. Die Wogen gingen hoch. Aber beim Bürgerentscheid, den sich die Michelstädter erkämpft hatten, war`s dann klar: Eine Mehrzahl stimmte gegen die Fusion, und der Fisch war geputzt. Michelstadt bleibt Michelstadt - und das ist gut so.

Michelstadt wurde im Jahre 741 erstmals urkundlich erwähnt. Die Gässchen der mittelalterlich geprägten Altstadt werden von dutzenden Fachwerkhäusern gesäumt. Magisch angezogen wird man vom historischen Marktplatz mit dem Marktbrunnen und dem Rathaus von 1484. Das Michelstädter Rathaus zählt zu den schönsten und bedeutendsten Fachwerkbauten Deutschlands - und ist deswegen auch auf einer 60-Pfennig-Briefmarke zu sehen, anlässlich seines 500-jährigen Jubiläums im Jahre 1984.

Altersmäßig klar getoppt wird das Rathaus aber von der mächtigen Einhardsbasilika am Rande der Stadt, die in den Jahren 815 bis 827 von Einhard, einem Hofgelehrten und Biographen Karls des Großen, erbaut wurde. Sie zählt zu den letzten Beispielen authentisch erhaltener karolingischer Architektur in Deutschland. Wer durch die riesige Halle wandelt, kann die über tausendjährige Geschichte dieser Basilika förmlich spüren. Nur einen Steinwurf entfernt, ist auch das Schloss Fürstenau einen Besuch wert. Es zählt zu den schönsten deutschen Schlössern und Burgen. Das von der gräflichen Familie noch teilweise genutzte Schloss enthält Bauten aus allen Jahrhunderten und bildet eine sehenswerte Aneinanderreihung verschiedener Baustile. Zu bestimmten Zeiten kann zumindest der Schlosshof besichtigt werden.

Eine Stadt für Genießer

Auch ein Teil der einstigen Stadtmauer Michelstadts ist noch erhalten. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt sollte auch der Diebsturm besucht werden, der im Mittelalter als Gefängnis genutzt wurde. Durch ein kleines Tor in der Stadtmauer gelangt man hier auf eine Holzbrücke, die über den Wallgraben in den sehenswerten Park führt.

Für Einzelpersonen und kleine Gruppen bietet Michelstadt an festen Terminen offene Stadtführungen an. Von Anfang April bis Ende Dezember findet jeden Sonntag um 11.30 Uhr ein offener Altstadtrundgang statt. Innerhalb der Stadtführung wird in der Regel das historische Rathaus, der Diebsturm, die Stadtkirche und die Kellerei besucht.

Michelstadt ist aber auch eine Stadt für Genießer. Viele Gasthäuser laden in der Altstadt zum Schlemmen ein - und Leckereien für Naschkatzen liefert gar ein heimischer Konditorweltmeister. Einen Eindruck davon bekommt man auch während der „Kulinarischen Führung“. Dabei gibt es einen Aperitif und Odenwälder Äppelwoi im historischen Rathaus. Danach können die Teilnehmer ein regionales Hauptgericht in einem der Gasthäuser genießen, wie etwa im traditionsreichen „Grünen Baum“ (seit 325 Jahren im Familienbesitz, mit Biergarten).

Wer gerne mehr über die „bierigen“ Besonderheiten der Stadt erfahren möchte, ist wiederum bei der Bier(ver)führung richtig. Hier erfährt man dann alles über das „flüssige Gold“ und genießt die eine oder andere Bierprobe in heimischen Brauereien - von denen es in Michelstadt gleich vier an der Zahl gibt.

Wandern, Bienenmarkt, Freilichttheater sowie das Odenwald- und Spielzeugmuseum

Oberhalb von Michelstadt und seinen Ortsteilen bieten sich viele landschaftlich reizvolle Blicke über den Odenwald. Empfohlen wird eine Wanderung auf dem Panoramaweg (16 Kilometer) rund um die Stadt. Reizvoll ist auch der Basilika-Rundweg (8 Kilometer) im Geopark.

Einen Besuch wert ist auch das Odenwald- und Spielzeugmuseum in der Kellerei in Michelstadt und an Regentagen kann beispielsweise die Odenwald-Therme im nahen Bad König besucht werden.

Immer in der Pfingstwoche ist Bienenmarktzeit. Das Volksfest beginnt am Freitag vor Pfingsten und dauert zehn Tage. Der Bienenmarkt zählt zu den Großveranstaltungen in Südhessen. Ein besonderer Höhepunkt ist der Blumenkorso am letzten Marktsonntag. Mit bunt geschmückten Wagen und farbenfreudigen Kostümen ziehen die Gewerbetreibenden und örtlichen Vereine durch die Straßen.

Die Grafenfamilie zu Erbach-Fürstenau und das Freilichttheater Vogelfrei aus Heidelberg laden am Samstag, 9. Juli 2016, zu einem Gastspiel auf Schloss Fürstenau ein. Die Gruppe führt im Schlosshof die Komödie „Die gefesselte Phantasie“ von Ferdinand Raimund aus dem Jahr 1828 auf.

Die alljährliche Michelstädter Musiknacht steigt wieder am Samstag, 16. Juli 2016. Dabei finden im Stundentakt an sechs verschiedenen Spielstätten Konzerte zum Motto „Aufbruch in neue Welten“ statt.

Für Camper gibt es auf dem Großparkplatz „Altstadt“ am Wiesenweg mehrere Stellplätze für Wohnmobile, mit Wasser und Strom. Nicht nutzbar sind die Stellplätze an drei Wochen während der Pfingstzeit, wegen des Bienenmarkts.

Gästeinformation Michelstadt unter Tel. 06061/ 97941-10, Internet: www.michelstadt.de