Quelle: Unbekannt

Von Karin Ait Atmane

Jung, überraschend, berührend: Die diesjährigen Benefizgala „Wir bewegen was“ hinterließ nach zwei Stunden Höhepunkten ganz unterschiedlicher Art einen tiefen Eindruck bei den Zuschauern. Der Reinerlös aus dieses Adventsnachmittags geht an die EZ-Weihnachtsspendenaktion.

Winfried Kampmann, der „Wir bewegen was“ ins Leben gerufen und nun zum zehnten Mal auf die Beine gestellt hat, kam zählend auf die Bühne, um mit einem fröhlichen „ausverkauft!“ zu enden. Zum ersten Mal fand die Live-Gala im Schauspielhaus der WLB statt: Hätte man ihm das bei der ersten Auflage prophezeit, hätte er erstmal einen Stuhl und ein Glas Wasser gebraucht, sagte der sympathische Organisator. Er ist sich über die Jahre treu geblieben mit einem Programm, das eine ganz besondere Mischung bietet: aus Musik, Tanz, Kabarett und ungewöhnlichen Darbietungen, aus lokalen Nachwuchstalenten und überregionalen Größen. Künstler, die große Hallen füllen sind ebenso dabei wie solche, die noch nicht zu googeln sind - und immer haben auch Menschen mit Behinderungen ihren Platz.

Zu letzteren zählt Maximilian Scherzer: Der Esslinger liebt Opern und nimmt seit einigen Jahren Gesangsunterricht bei Christine Reber, die ihn am Klavier begleitete. Trotz seiner Handicaps trug der körperliche kleine Mann mit großer Hingabe und großen Gesten seine Lieder vor, ein ergriffenes Lächeln im Gesicht. Ob Liebeslied oder Gloria, das kam tief aus dem Herzen und berührte die Zuhörer im Innersten. Das Publikum lernte an diesem Nachmittag nebenbei, wie man Weihnachten oder Sonnenschein in Gebärdensprache ausdrückt: Denn was beim Chor „Hands on Music“ auf den ersten Blick wie eine ausgefeilte Choreografie erscheint, ist die Übersetzung des Liedtextes in Gebärdensprache. Es sind hörende Schülerinnen dieses Fachs aus der Paulinenpflege in Winnenden, die mit ihrer spannenden Performance einen neuen Zugang zu Musikstücken schaffen. Hörenden zeigt sich der Liedtext in faszinierenden Bildern, Gehörlose erleben den Rhythmus und den Schwung der Melodien.

Schwung ist gar kein Ausdruck für das, was die Tanzmädchen vom Esslinger Sporttheater aufs Parkett bringen. Fliegende Beine und Haare, immer lächelnd, wirbelten die Mädels von der Talentschmiede der Karnevalsfreunde über die Bühne. Drei Altersgruppen sind bei ihnen vertreten und vermitteln neben der Freude am Tanzen auch perfektes Zusammenspiel und Harmonie.

Davon hätten Petra Binder und Doris Reichenauer alias „Dui ond de Sell“ gerne eine Extra-Portion. Denn auch die größten Schwertgoschen bleiben nicht von den Tücken der Wechseljahre verschont, geschweige denn von ignoranten Ehemännern. Da helfen selbst gewagte Dessous nicht weiter. „Du holsch dir bloß wieder a Blasenentzündung“, kommentiert der Gatte der einen die Reizwäsche, während der andere seine unter dem Ledermantel fast nackte Frau mit einem „Hi Batman, was gibt’s zum Essen?“ begrüßt. Das Publikum hüpfte vor Freude auf den Sitzen, als die beiden Power-Schwäbinnen aus dem Schwarzwald sich über die alltäglichen Widrigkeiten austauschten. Für ihre Sticheleien über Männer ab 40, die sich plötzlich ein Mountainbike kaufen oder Marathon trainieren, fanden sie mitten in der ersten Reihe mit OB Jürgen Zieger das perfekte Opfer.

„Dui ond de Sell“, auch aus dem Fernsehen bekannt, verzichteten wie alle Akteure auf ihre Gage - ein Zeichen der Anerkennung für „Wir bewegen was“. Und „Galgenstrick“ Erich Koslowski, der als Moderator durchs Programm führte, steuerte ebenfalls humoristische Episoden bei.

Zu den Überraschungen gehörte Matthias Matzke mit seinem digitalen Akkordeon: Statt der erwarteten Harmonika-Klänge tönte ein ganzes Orchester von der Bühne. „Ich kann mit dem Keyboard so ziemlich alles imitieren“, erklärte der 23-Jährige, der zahlreiche nationale und internationale Preise eingeheimst hat. Mit Paganinis „La Campanella“, einer Etüde in atemberaubendem Tempo, gab er eindrucksvoll Zeugnis seiner Fingerfertigkeit.

Rasant und zielsicher hüpften auch die Schlegel der Renninger Xylophoniker über die Stäbe von Marimba- und anderen -phonen. Das Quintett füllte mit perlenden, sprudelnden Tonkaskaden jeden Winkel des Saals, ohne je unruhig zu wirken. In sich ruht der Jugendchor Nell’Canto aus Ostfildern, bestehend aus zehn Sängerinnen und vier Sängern. Unaufgeregt und ausgewogen stimmten sie „You’ll be in my heart“ an oder begleiteten Chorleiterin Andrea Weiss beim Musical-Solo. Das Publikum freute sich, beim gemeinsam gesungenen „This is Christmas“ Teil dieses Chors werden zu können. Und ging am Ende mit der Hoffnung nach Hause, dass Winfried Kampmann auch im kommenden Jahr wieder zu „Wir bewegen was“ einladen wird. Darüber müsse er nach der etwas chaotischen Vorbereitung - unter anderem wurden die Programmhefte nicht rechtzeitig geliefert - nochmal schlafen, sagte er.