Quelle: Unbekannt

Von Dagmar Weinberg

In den vergangenen Monaten hat Said Barzan viele Bewerbungen geschrieben. Doch der gebürtige Iraker mit deutschem Pass, der in seiner alten Heimat fünf Jahre als Assistenzarzt gearbeitet hat, hat immer wieder Absagen bekommen. Dass er nicht aufgibt, ist Beate Schmauk und Karin Schulz vom Jobcafé des Kreisdiakonieverbands im Landkreis Esslingen zu verdanken. So setzen sie sich auch an diesem Nachmittag wieder gemeinsam mit dem Familienvater an den Computer, halten im Internet nach Stellenangeboten Ausschau und formulieren weitere Bewerbungsschreiben. Denn Arbeit, so weiß man auch im Jobcafé, ist ein wichtiger Bestandteil der Integration.

Abschlüsse werden nicht anerkannt

„Für viele unserer Klienten ist es ganz schwierig, eine Stelle zu finden, weil sie aus dem Ausland kommen und ihre Ausbildungen und Abschlüsse hier nicht anerkannt werden“, sagt Tanja Herbrik, die im Kreisdiakonieverband für das Thema Armut und Beschäftigung zuständig ist und in Filderstadt den Diakonieladen sowie die Fildertafel leitet. „Und Menschen, die hierher geflüchtet sind, haben oft wegen der Kriegswirren aus ihrer Heimat gar keine Zeugnisse und Unterlagen mitnehmen können“, fügt Beate Schmauk hinzu. Sie arbeitet beim Kreisdiakonieverband in der Sozial- und Lebensberatung der Diakonischen Bezirksstelle Esslingen und betreut außerdem das Jobcafé in der Küferstraße.

Neben einigen Computern stehen den Besuchern dort Drucker sowie ein Scanner zur Verfügung. „Unsere Hardware ist aber inzwischen total veraltet“, erklärt Tanja Herbrik. Zwar wird das Personal des Jobcafés unter anderem aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert. „Alles andere müssen wir jedoch mit Spendengeldern stemmen.“ Umso dankbarer ist das Team, für die Spenden der EZ-Leserinnen und Leser. „Denn jetzt können wir endlich unsere Hardware modernisieren.“

Der Treffpunkt in der Küferstraße ist Anlaufstelle für Frauen und Männer, deren Leben nicht ganz so geradlinig verlaufen ist, oder „die irgendwann aus dem Arbeitsprozess herausgefallen und schon lange arbeitslos sind“, berichtet Tanja Herbrik. Menschen in Arbeit zu vermitteln, dafür sind in erster Linie zwar die Jobcenter zuständig. „Doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort schicken Leute, die schon länger Arbeit suchen, oft zu uns, weil sie selbst gar nicht die Zeit haben, sich intensiver um sie zu kümmern“, berichtet die Fachfrau. Das Team des Jobcafés hat Zeit, individuell auf jedes Schicksal einzugehen. „Im Gegensatz zu den staatlichen Institutionen gibt es bei uns außerdem, was ganz wichtig ist, keine Sanktionen. Hier geht es vor allem darum, Beziehungen aufzubauen.“ Nicht umsonst gehört ein Sofa zur Ausstattung des Cafés, das neben dem Diakonieladen sein Domizil hat.

„Man darf nicht aufgeben“

„Wir begleiten die Menschen über einen längeren Zeitraum, lernen sie kennen und sehen dadurch, was sie brauchen und welche Stelle für sie unter Umständen geeignet ist“, erläutert Beate Schmauk. Sie und ihre Kollegin Karin Schulz, die sich ehrenamtlich in der Einrichtung des Kreisdiakonieverbands engagiert, greifen immer mal wieder zum Telefonhörer, um bei Personalchefs für ihre Klienten ein gutes Wort einzulegen - und sei es nur, dass jemand mal zur Probe arbeiten oder ein Praktikum machen kann. „Uns geht es darum, dass Menschen, von denen wir überzeugt sind, dass es mit dem Job passen könnte, auf jeden Fall eine Chance bekommen“, sagt Beate Schmauk. So ist es zum Beispiel im vergangenen Jahr gelungen, für einen stark schwerhörigen Mann einen Arbeitsplatz in der Produktion zu finden. „Man darf da einfach nicht aufgeben, auch wenn es manchmal schwierig ist, die Leute immer wieder aufs Neue zu motivieren.“

Das Publikum im Jobcafé ist bunt gemischt. „Zu uns kommen sowohl junge Leute, die einen Ausbildungsplatz suchen, als auch Rentner, die sich auf einen 450-Euro-Job bewerben wollen“, erzählt Karin Schulz. Das Gros der Rat- und Hilfesuchenden ist jedoch zwischen 35 und 55 Jahre alt. „Viele unserer Klienten sind Alleinerziehende oder sie haben einen Migrationshintergrund und im Gegensatz zu Herrn Barzan keine abgeschlossene Berufsausbildung“, weiß die ehrenamtliche Mitarbeiterin.

Da Said Barzan eine fundierte Ausbildung hat, hofft er, dass es mit einer Arbeitsstelle doch noch klappt - zwar nicht als Assistenzarzt, aber zumindest doch als medizinischer Fachangestellter. „Ich habe im Nordirak im OP gearbeitet und kenne mich auch im sterilen Bereich aus.“ So haben er und Beate Schmauk erneut Zeugnisse und weitere Unterlagen eingereicht und warten gespannt, ob die endlich anerkannt werden.

Das Esslinger Jobcafé in der Küferstraße 13/1 sucht Ehrenamtliche, die gerne mit Menschen umgehen und sich auch mit Computern auskennen. Wer mitarbeiten möchte, kann sich unter Tel. 07 11/34 21 570 melden.