Die Markleute freuen sich, wenn sie die mittelalterlichen Klamotten ausziehen und nach Hause gehen können. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

VON THOMAS KRYTZNER

Die Adventszeit in diesem Jahr beschert dem Weihnachtsmarkt und dem Mittelaltermarkt eine nicht alljährlich lange Öffnungszeit in Esslingen. Viele Händler aus ganz Deutschland bleiben rund vier Wochen in Esslingen und bieten ihre Waren an. Auf dem Mittelaltermarkt sieht man die Glühweinverkäufer in den typischen Wirtsgewändern aus der frühen Epoche. Aber auch die Silberschmiede, Bäcker und Waffenschmiede zeigen sich in historischen Kleidern den Marktbesuchern. Das bunte Treiben auf den Märkten verhindert zwar Langeweile und damit aufkommende Sehnsuchtsgefühle nach der Heimat, aber so richtige Weihnachtsstimmung will bei den Gauklern, Riesenraddrehern und Stelzenläufern aus dem Mittelalter nicht aufkommen.

Michael Bechstein aus Bochum steht gemeinsam mit Jonathan Lems aus Österreich am Schmuckstand und bringt Silberschmuck unter die Marktkunden. „Ich fahre direkt zu den Eltern, wenn der Mittelaltermarkt seine Pforten schließt“, sagt Bechstein. Dabei hat er für die besinnlichen Tage im Kreise der Familie keine mittelalterlichen Ambitionen. „Meine Eltern wären nicht begeistert, wenn ich da im historischen Gewand auftauchte.“ Die Zeit um die heiligen Tage genießt er in Wien und ist froh, dass am Weihnachtsbaum nicht mehr gesungen wird. Auch sein Kompagnon, Jonathan Lems, der für den Mittelaltermarkt aus Kärnten in Österreich nach Esslingen gekommen ist, freut sich darauf, seine Familie wieder zu sehen. „Wir nutzen die Gelegenheit, zusammen zu feiern.“

Etwas näher hat es die Dekorverkäuferin aus dem Hohenlohischen. Und damit erst gar keine Sehnsüchte nach der Familie aufkommen, hat sie ihren Mann gleich mitgebracht. „Wir bleiben bis zum Schluss am Markt, allerdings teilen wir uns dann auf.“ Sie erzählt, dass für sie das Markttreiben einen Tag früher endet und ihr Mann die letzte Schicht übernimmt. „Ich gehe dafür dann einkaufen, bereite alles für Weihnachten vor und vor allem koche ich meinem Mann eine warme Suppe.“ Die beiden freuen sich auf Spaziergänge und das gemeinsame Kochen. „Da kommen frische Kräuter und Gewürze auf den Tisch.“ Auf das übliche Remmi-Demmi über die Feiertage wollen beide verzichten, „es ist wichtig, nach den vielen Wochen in Esslingen den Kopf frei zu kriegen.“

Beim Eingang zum Mittelaltermarkt für die Kinder und Junggebliebenen riecht es nach Glühwein und Punsch. Dort ist die Schankwirtin, Mandy Eccarius, gerade damit beschäftigt, die Weinkelche aus Steingut und Porzellan zu reinigen. Mit ihren Gedanken ist sie schon in Chemnitz, ihrer Heimatstadt. „Ich freue mich sehr auf Zuhause. Die ganze Wohnung ist geschmückt, die leuchtende Pyramide wird aufgestellt und die Räuchermännchen dürfen nicht fehlen.“ Sie berichtet, dass eine traditionelle Erzgebirgische Weihnachtsfeier auf sie wartet. „Am 24. Dezember ist Bescherung und am Weihnachtstag gibt es ein festliches Essen.“ Am meisten freut sie sich aber auf die Lichterfahrt durchs Erzgebirge. Sie erklärt: „Da fahren wir mit dem Auto durch unsere Heimat und schauen, wie die Häuser überall geschmückt und beleuchtet sind.“ Ihr fehlen die Freunde und da sie den Glühweinstand als Arbeit sieht, kommen auch die weihnachtlichen Gefühle nicht so recht auf.

Aus dem Harz ist Manuela Schäfer als Wirtin auf dem Mittelaltermarkt. Sie sehnt sich ein baldiges Ende des weihnachtlichen Treibens herbei. „Endlich wieder nach Hause fahren und mit der Familie zusammen sein.“ Da kommen die historischen Kleider erst mal wieder in den Schrank."

Wie feierten die Menschen im Mittelalter Weihnachten?

  • Der Begriff Weihnachten kommt aus dem Hochmittelalter und wurde erstmals im 12. Jahrhundert erwähnt. Damals sagte man noch „ze wihen Nath“ und das bedeutete in der Mittelhochdeutschen Formulierung „zu der geweihten Nacht“. Zu der Zeit gab es noch die Mittwinternächte und diese dienten damals zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag der Vertreibung von Dämonen.
  • Vor der geweihten Nacht fasteten die Menschen im Mittelalter. Ab Ende November durften nur spezielle Speisen und Getränke verzehrt werden, etwa Fisch, Honigkuchen und Fastenbier. Durch das Fasten sollten sich die Menschen auf die Geburtsnacht Jesu vorbereiten. Die Fastenzeit wurde auch dazu genutzt, um Vorrat für die festliche Weihnachtszeit zu backen. Heute wird diese Zeit Advent - zu Deutsch: Ankunft - genannt.
  • Es gab kein typisches Weihnachtsmal, dafür feierten die Menschen das Ende der Fastenzeit am 25. Dezember. Da gab es ein ausgiebiges Festmahl. Auf dem damaligen Speiseplan stand vor allem Fisch - der für den heutigen Weihnachtskarpfen verantwortlich ist - sowie Linsen und Bohnen. Ebenso aßen die Menschen Brot für ein langes Leben.
  • Der Weihnachtsbaum und vor allem seine grünen Zweige galten schon im Mittelalter als Zeichen der Hoffnung. Im Spätmittelalter, um 1419, gab es den ersten erwähnten Weihnachtsbaum in Freiburg. Dieser war mit Äpfeln, Nüssen und Lebkuchen geschmückt. Die Kinder des Ortes durften der Legende nach, die Naschereien zum Neujahr verzehren.
  • Besonders musikalisch waren die Menschen im Mittelalter wohl nicht. Denn: Damals trug der Priester die Lieder als Sologesang vor. Dem Reformator Martin Luther ist es wohl zu verdanken, dass heute Lieder unterm Baum gesungen werden. Im Jahr 1535 komponierte er „Vom Himmel hoch, da komm‘ ich her“. Fast 500 Jahre ist das Lied noch bekannt

Quellen und mehr Informationen: Jürgen Gobel, www.burgen-schloesser-impressionen.de