Von Hermann Neu

Das Land und die Stadt Stuttgart stecken in der Zwickmühle: Gibt es nicht bald messbare Erfolge im Kampf gegen Feinstaub und Stickoxide, liegen die Entscheidungen nicht mehr bei der Politik, sondern bei den Gerichten. Erinnert sei nur an das zeitweilige Lkw-Durchfahrtsverbot in Stuttgart. Mit ihrem Beschluss, schon ab 2018 vorübergehende Fahrverbote für Dieselautos mit nicht mehr brandaktueller Abgastechnik zu ermöglichen, beschreitet die Landesregierung vermintes Gelände. Der Aufschrei der örtlichen Betroffenen, der Protest von Handwerkern und Pendlern wird lange nachhallen.

Alternativen indes haben Stadt und Land nicht: Werden die Feinstaubwerte nicht eingehalten, verordnen eben Richter die Fahrverbote. Im Autoland Deutschland mag das alles noch exotisch anmuten, doch der Blick in Metropolen wie London, Mailand oder zuletzt Paris mit radikalen Beschränkungen zeigt, was dem Autofahrer so alles drohen kann.

Korrigieren muss die Politik auch Versäumnisse der Autoindustrie: Der Abgasskandal von VW steht für sich. Doch wie sieht es aus mit bezahlbaren und technisch realisierbaren Nachrüstmöglichkeiten für die oft gar nicht so alten Autos, die aktuelle Werte nicht einhalten? Die Euro-6-Norm für Pkw ist schließlich erst seit September 2015 verbindlich. Wer den Diesel als weniger klimaschädlichen Antrieb erhalten und zahlreiche Arbeitsplätze im Land sichern will, der sollte sich auch um diesen Aspekt von Nachhaltigkeit kümmern. Es ist alles andere als sinnvoll, wenn Fahrzeuge, für deren Produktion jede Menge Rohstoffe und Energie eingesetzt wurden, eine immer kürzere Nutzungsdauer haben.