Von Marcus Sauer

Ein Wachstum von 6,7 Prozent - davon können andere Länder wie Deutschland nur träumen. Für China jedoch ist die Bilanz des vergangenen Jahres kein Anlass zum Jubeln, die Konjunktur bleibt deutlich hinter den von Peking vorgegebenen Zielmarken zurück. Und das, obwohl die Staats- und Parteiführung die Investitionen massiv ausgeweitet hat. Und - daran gibt es keinen Zweifel - die Statistik ordentlich frisiert wurde.

Es ist also davon auszugehen, dass die ökonomische Realität im Reich der Mitte eine andere ist. Es hat seine Probleme. China ist kein Billiglohnland mehr, vor dessen Unternehmen Auftraggeber aus dem Ausland Schlange stehen. Staatsfirmen und Kommunen sind hoch verschuldet, die Immobilienblase wächst. Die Staats- und Parteiführung hat erkannt, dass die Herausforderungen, zu denen auch die verbreitete Korruption gehört, angepackt werden müssen, und dass Strukturanpassungen und eine langsame Drosselung der Kredite unerlässlich sind.

Die alten Mechanismen, mit denen Geld vom Staat in den Infrastrukturausbau gepumpt wurde, sobald sich Konjunktur-Dellen abzeichneten, funktionieren nicht mehr ohne weiteres. Das Reich der Mitte muss riesige Überkapazitäten in zahlreichen Branchen abbauen, aber auch ausländischen Investoren Rechtssicherheit geben. Pekings Führung setzt vorsichtig auf Reformen und ein nachhaltiges Wachstum sowie eine Belebung des Binnenmarkts. Noch sucht das Land seinen neuen Weg.