Von Rasmus Buchsteiner

Noch nicht einmal ein Jahr nach dem großen Brexit-Votum will Premierministerin Theresa May die Briten erneut in den Wahlkampf stürzen. Es ist ein Paukenschlag, aber das Kalkül ist leicht zu durchschauen. Die Regierungschefin will die Gunst der Stunde nutzen: Den Vorsprung ihrer Tory-Partei, die anhaltende Schwäche von Labour und den Umstand, dass die Verhandlungen über den Austritt aus der Europäischen Union zum Zeitpunkt des Urnengangs noch nicht richtig in Gang gekommen sein werden. Das alles verspricht beste Wahlchancen für May und ihre Konservativen. Dass sie nach dem Rücktritt von Regierungschef David Cameron nun nach einer eigenen politischen Legitimation strebt, ist nachvollziehbar. Hätte sie länger gewartet, wären die negativen Brexit-Folgen für Wirtschaft und Arbeitsmarkt bereits deutlicher sichtbar. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass London am Ende zu erheblichen Zugeständnissen an Brüssel gezwungen sein wird.

May ergreift die Flucht nach vorn, versucht maximalen Profit aus der aktuellen Lage zu schlagen und eine deutlichere Mehrheit im Parlament zu erreichen. Wer von der Wahl jedoch eine Rücknahme der Brexit-Entscheidung erwartet, wird enttäuscht sein. Die Würfel sind gefallen. Die Briten wollen raus. May will gerade im Lager der Ausstiegs-Befürworter kräftig punkten, wahrscheinlich vor allem mit zugespitzter Kritik an Brüssel. Ihre jetzige Stärke verdankt sie auch der Tatsache, dass sie das Ergebnis des Referendums nie in Frage gestellt und stattdessen versucht hat, die Briten auf einen harten Brexit einzuschwören. Würde sie in dieser Frage jetzt einen Kurswechsel vollziehen, wäre ihre politische Glaubwürdigkeit dahin.