Von Rasmus Buchsteiner

Bisher war Martin Schulz vor allem eine Projektionsfläche. Sein Erfolg in den Umfragen hat viel damit zu tun, dass er innenpolitisch noch ein unbeschriebenes Blatt ist. Dass er nun Fehler bei der Agenda 2010 einräumt, ist ein Paukenschlag. Strategisch steht dahinter das Ziel, die Parteilinke und die Gewerkschaften mitzunehmen. Selbst bei der Linkspartei reagiert man verdutzt auf die Ankündigungen des Kandidaten.

Kommando zurück? Oder will er es bei Detail-Korrekturen belassen? Sehr konkret ist Schulz nicht geworden, was seine Pläne für das Arbeitslosengeld I angeht. Doch hat er hohe Erwartungen geweckt. Macht der designierte SPD-Chef und Merkel-Herausforderer die Generalabwicklung der Agenda 2010 zu seinem Ziel, bekommt er ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ist die aktuell so günstige Arbeitsmarktentwicklung doch zu einem großen Teil den Schröderschen Reformen zu verdanken. Belässt er es bei einigen Mini-Änderungen, ist Enttäuschung in den eigenen Reihen programmiert. So birgt es auch Gefahren für Schulz, wenn er gezwungen sein wird, Farbe zu bekennen.

Erbittert wehrt sich Schulz gegen den Vorwurf, die Lage in zu düsteren Farben zu zeichnen und das Land schlechtzureden. Tatsächlich zielt er mit Agenda-2010-Kritik und Gerechtigkeitsrhetorik auf Wähler, die sich von der SPD und den anderen etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen.