Von Tobias Schmidt

Nun hat sie die Katze aus dem Sack gelassen - sieben Monate nach dem Referendum. Briten-Premierministerin Theresa May will den „harten Brexit“. Kein „halb drinnen, halb draußen“, sondern das vollständige Ende der Mitgliedschaft in der EU. Doch ist das nur die halbe Wahrheit. Denn die Insel soll sehr wohl durch Freihandels- und Zollabkommen den Zugang zum EU-Binnenmarkt behalten, aber ohne dem Europäischen Gerichtshof unterworfen zu sein, und vor allem ohne weiter EU-Ausländer ins Land lassen zu müssen. „Nice Try“, netter Versuch, möchte man der neuen Eisernen Lady aus der Downing Street zurufen. Denn das ist genau das „Cherry Picking“, das Rosinenpicken, das die EU unter keinen Umständen zulassen darf.

Zwar klingt es verlockend auch für deutsche Unternehmen, die Insel als Absatzmarkt zu bewahren. Sollten die Briten jedoch damit durchkommen, sich die wirtschaftlichen Privilegien einer EU-Mitgliedschaft zu erhalten und zugleich die politischen Pflichten abzustreifen und die lästigen Beitragszahlungen einzustellen, könnte das zum Anfang vom Ende der EU werden. In Frankreich, in den Niederlanden und in einigen osteuropäischen Ländern wächst die Abneigung gegen die EU. Da könnte eine EU-Partnerschaft „light“ schnell Nachahmer finden.

Doch sollte sich niemand Illusionen machen: Nimmt die politische Gemeinschaft weiter Schaden, schwindet der Zusammenhalt, wird die EU immer bedeutungsloser und hat bald keine Chance mehr, in der globalisierten Welt den Ton anzugeben und das europäische Sozialmodell zu verteidigen. Kanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen müssen hart mit den Briten verhandeln. Noch wichtiger als die Begrenzung des wirtschaftlichen Schadens wird es dabei sein, zu verhindern, dass sich der Brexit zum Spaltpilz für die Union auswächst.